Rezension

Eine berührende Reise zurück in die DDR

Und morgen am Meer - Corina Bomann

Und morgen am Meer
von Corina Bomann

"Ich fühlte mich der Wahrheit so nahe - wenn nur nicht all diese Mauern gewesen wären , die mir die Sicht verstellten. Mauern, die mir von der Stasi vor die Nase gesetzt wurden - aber auch von meiner eigenen Familie" - S.180

Inhalt:
Claudius wollte eigentlich nur mit seinen Freunden einmal die DDR besuchen und sehen, wie die Leute dort so leben, doch dann begegnet er Milena. Ein Mädchen, dass so anders ist und ihn sofort begeistert. Doch Milena kommt aus dem Osten und Claudius aus dem Westen. Die Mauer scheint unüberbrückbar, doch dann beschließen die beiden einen Plan. Und morgen am Meer soll es sein. Zusammen wollen sie die Flucht über die Grenzen wagen und spüren, was es heißt frei zu sein.

 
Meine Meinung:
Die schon viel verwendete Grundidee von Romeo und Julia greift Corinna Bomann in ihrem Jugendroman auf, spinnt um sie herum jedoch eine wirklich wundervolle und fesselnde Geschichte zweier Jugendlicher, die ihrer Liebe wegen die Flucht aus der DDR wagen.
Die damalige Situation beschreibt die Autorin dabei sehr interessant und vor allem realistisch.  Als Kind der 90er weiß ich von der DDR nur durch den Unterricht und Erzählungen, doch dieser Roman ist gleichzeitig so informativ und spannend, dass ich jede Information über die DDR geradezu aufgesogen habe. Die ganzen Details und Fakten, die der Leser durch die Protagonistin Milena erfährt sind wirklich sehr faszinierend erzählt und zu keiner Zeit auch nur annähernd langweilig. Es ist wirklich seltsam, wenn Orte in Berlin zur damaligen Zeit beschrieben werden und man weiß, wie die Situation dort heute aussieht. Das löst ein sehr beklemmendes und auch irgendwie trauriges Gefühl aus und man fühlt sich wirklich in die Geschichte hineingezogen. Die Autorin bietet ein detailliertes und schockierendes Bild der damaligen Zeit, ohne jedoch zu sehr auf Mitleid zu setzen. Obwohl man als Leser weiß, wie das ganze ausgeht, kann man nicht anders, als sich über die DDR und die damaligen Zustände aufzuregen. Was ja eigentlich schon sehr für die Geschichte spricht, wenn sie es geschafft hat, solche Emotionen bei mir auszulösen. Aber dabei handelte es sich nicht nur um Ärger, sondern auch Trauer, Freude, Rührung und Mitgefühl. Die ganze Palette an Emotionen wird in diesem Buch vermittelt und zwar auf eine sehr wundervolle und berührende Weise.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr jugendlich, aber auch sehr detailliert. Hin und wieder baut sie die damalige Umgangssprache in die Dialoge oder Gedanken der Charaktere ein, was wirklich gut war zwischendurch.
Die Charaktere sind das, was "Und morgen am Meer" ausmachen. Sie sind wunderbar gezeichnet und mehr als sympathisch. Als Leser hat man sofort einen Bezug zu ihnen und leidet und fühlt mit ihnen mit. Schon nach den ersten paar Seiten sind die extremen Unterschiede zwischen Milena und Claudius deutlich. Dennoch gibt es einige Parallelen zwischen den beiden, wodurch sie sich ähnlicher sind, als man zuerst denkt.
Claudius hat die Freiheit, die Milena sich so sehr wünscht. Doch durch seinen Vater ist auch er in seinem Handeln sehr eingeschränkt, wodurch die beiden  vor allem ihre Sehnsucht nach Freiheit und dem Willen zur eigenen Entscheidung verbindet.
Normalerweise bin ich auch kein Fan von dieser Liebe-auf-den-ersten-Blick, weil sie mir meistens einfach zu schnell geht. Hier aber ist das wirklich sehr schön und romantisch umgesetzt worden. Die beiden fühlen sich zwar sofort zueinander hingezogen, ihre Beziehung entwickelt sich aber erst nach und nach und vor allem für den Leser stets nachvollziehbar.
 

Die Musik der damaligen Zeit spielt auch eine sehr große Rolle in der Geschichte rund um Milena und Claudius. Die Kapitel sind nach bekannten Songtiteln benannt, welche auch einen direkten Bezug zur Geschichte haben. Die Musik verbindet die beiden Charaktere und es ist egal, woher man kommt, denn in der Liebe zur Musik ist man irgendwie immer miteinander verbunden. Egal ob Claudius, der davon träumt mit seiner Gitarre als Musiker durch die USA zu trampen, oder Milena, die heimlich mit dem Radio ihres Opas Westmusik aufnimmt.
Das sind diese Details, die die Geschichte für mich aus- und im Endeffekt so wundervoll gemacht haben. Interessant ist noch zu erwähnen, dass die Autorin sich von einer wahren Geschichte hat inspirieren lassen, die der von Claudius und Milena sehr ähnlich war, wohl aber nicht das Glück eines Happy Ends haben durfte.

 
Fazit:
Die Geschichte rund um die damalige Zeit in der DDR ist gleichzeitig sehr informativ, aber auch packend, romantisch und berührend. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und selbst jetzt, nachdem ich es beendet habe bleibt noch immer dieses schöne Gefühl zurück, welches es während des Lesens ausgelöst hat. Die wirklich einzige Kritik, die ich üben kann ist, dass der Road Trip, der so groß angekündigt wird eigentlich erst auf den letzen 100 Seiten stattfindet. Dennoch ist "Und morgen am Meer" ein sehr gutes Buch, das ich jederzeit und ohne Vorbehalt jedem empfehlen würde, egal ob jung oder alt.