Ein wundervoller Roman, ein Lesehighlight - ich liebe dieses Buch
Bewertet mit 5 Sternen
B̲̲u̲̲c̲̲h̲̲a̲̲n̲̲f̲̲a̲̲n̲̲g̲̲
Blue Island, Illinois
1936
Wenn mein Leben ein Buch wäre, würde niemand es lesen. Die Leute würden sagen, es sei zu langweilig, zu vorhersehbar.
So fängt die Geschichte um Alice Grace Ripley an. Es endet aber nicht so wie sie weiter schreibt. Die Handlung wird in der Ich-Perspektive von Alice erzählt. Bücher sind schon immer ihr Lebenselexier und von daher wundert es nicht, dass sie als Bibliothekarin in der örtlichen Bücherei arbeitet. Als der alte Elmar Watson stirbt, den sie aus der Bücherei her kennt, begeht Alice etwas, was man nicht macht. Sie liest während des Gottesdienstes der Beerdigung in einem Buch. Sehr zum Verdruss ihres Freundes Gordon, der im Bestattungsinstitut arbeitet. Er zieht einen Schlusstrich unter die Verbindung. Alice Idee, eine Sammelkiste für gebrauchte Bücher beim Bestatter aufzustellen, fand er absurd und pietätlos. Doch Alice verfolgt einen Plan, denn sie hatte gelsen, dass im Hinterland von Kentucky die Menschen Bücher und Zeitschriften brauchen. So wird fleißig weitergesammelt.
Eine Fortsetzung der Beziehung mit Gordon, dann müßte sie Kompromisse machen. Und er will auch nicht mehr. Aufgrund der Wirtschaftskrise muss immer mehr eingespart werden. So verliert Alice ihren Job. Sie kann sich glücklich schätzen, ein Dach über den Kopf zu haben. Ihr Vater ist Pastor, ein gläubiges Haus. Als die Schwester ihrer Mutter zu einer Reise in die Appalachen macht, fährt Alice mitsamt etlicher Bücherkisten mit. Der Onkel meinte, der Weg führt durch Kentucky und er würde sie dort rauslassen. So entflieht Alice dem Gerede und auch der Familie. Ziel ist das Bergarbeiterdorf Arcon, Kentucky. Ein kleines Dörfchen auf dem Land mit nicht vielen Einwohnern. Aber das wird Alice erst vor Ort klar. Lynn Austin hat diesen Ort so lebensnah und anschaulich beschrieben, so dass ich beim Lesen das Gefühl hatte, wahrhaftig dort zu sein.
Die Bibliothekarin, mit der Alice schriftlichen Kontakt hatte, entpuppt sich als männliche Person, Leslie MacDougal. Da ihr Onkel sie erst in zwei Wochen wieder abholen würde, kommt sie erst einmal in dem Haus der Bücherei unter. Unten war alles vollgestellt mit Büchern, und so unordenltich, nicht überschaubar. Ein Schock für Alice, die es so nicht kannte. Überhaupt war hier alles anders. Kein fließend Wasser, kein Strom. Noch ahnt sie nicht, dass ihr Aufenthalt länger sein wird als gedacht. Und noch weiß sie nicht, dass es noch eine Bewohnerin in dem Haus gibt. Dann erfährt Alice das erste Mal von den Bücherbotinnen, die in die abgelegenen Häuser reiten, ihm den Leuten Bücher oder Zeitschriften zu bringen. Und das mit dem Pferd!
Bücherbotin - Vergangenheit
Buchblogger - Gegenwart
Die Frauen waren auf das Geld angewiesen, was sie durch dieses Projekt bzw. dem Hilfsprogramm, welches Präsident Roosevelt 1933 gründete, erhielten. Die Bücherboten waren eine Erfindung, die sich bezahlt machte. Denn sie waren nicht nur Überbringer von Lesestoff, sondern halfen auch sonst. Und wenn es nur ein kurzes Gespräch war, ein Lichtblick für die so abgeschieden lebenden Menschen. Hier wurde das Geld sehr gebraucht, denn nach der Schließung der Mine waren viele Männer arbeitslos geworden und es herrschte Armut.
Kaum ist Alice da, passiert auch schon ein Unglück. Nur Lillie kann retten. Sie, die fast hundert Jahre alt ist, wohnt im Haus der Bücherei. Eine alte dunkelhäutige Frau, der Heilkunde mächtig. Sie hat ihre eigene Geschichte, die dem Leser im Laufe der Handlung offenbart wird. Und auch Mack, die Leslie genannt wird, ebenfalls.
"Bibliothek der Träume" zeigt offen und realistisch das damalige Leben, die Zeit der Wirtschaftskrise in den USA. Sehr realistisch und fesselnd geschrieben. Die Protagonisten kommen authentisch herüber. Vor allem Lillie beeindruckt zum einen durch all ihre medizinischen Kenntnisse als auch durch ihre "schlauen" Sprüche. Man meint, sie könnte hellsehen. Durch sie lernt Alice einiges über Kräuter als auch aus ihrem Leben. Man bedenke, diese Frau war knapp hundert Jahre, als Sklavin geboren und nur ihr tiefer Glaube lässt hoffen.
Für mich war "Bibliothek der Träume" das erste Buch der Autorin Lynn Austin. Ich habe mir danach noch einige Romane besorgt, weil mir ihre Art eine Geschichte zu erzählen, dem Leser nahe zu bringen, sehr gut gefallen hat.
Dass was sich anfangs für Alice als Albtraum in Acorn, Kentucky darstellt, entwickelt sich zu einem großartigen Roman. So wie Alice als Protagonistin. Die, die sich immer in die Traumwelt der Bücher flüchtete, wird flügge, erwachsen. Ihre Verwandlung mitzuerleben, großartig.
Es wurde an keiner Stelle irgendwie langweilig und immer wieder gab es zwischendurch eine überraschende Wendung, so dass das Buch sehr zu fesseln wusste.
Ob in der Vergangenheit oder dem Jetzt ganz wichtig sollte uns büchersüchtigen Lesern klar werden, es gibt auch noch das richtige Leben. Das ist auch eine von den gewonnenen Erkenntnissen von Alice.