Rezension

Ein wundervolles Buch zwischen Magie und harter Realität

Die kleinen Wunder von Mayfair - Robert Dinsdale

Die kleinen Wunder von Mayfair
von Robert Dinsdale

AUSHILFE GESUCHT Fühlen Sie sich verloren? Ängstlich? Sind Sie im Herzen ein Kind geblieben? Dann sind Sie bei uns richtig. Das Emporium öffnet beim ersten Winterfrost seine Tore. Keine Erfahrung erforderlich. Kost und Logis inbegriffen. Willkommen bei Londons größtem Spielwarenhändler. Papa Jacks Emporium Iron Duke Mews, London Mayfair W1K

Inhaltsangabe:

November 1906
Die 15-jährige Cathy Wray ist total verzweifelt, denn sie erwartet von einem Nachbarsjungen ein uneheliches Kind. Aus Scham vor dieser peinlichen Situation wollen ihre Eltern das minderjährige Mädchen bis zu ihrer Entbindung in ein Frauenheim nach Dovercourt schicken. Nach der Geburt darf Catherine wieder nach Hause zurückkehren, während ihr Baby in die Obhut einer anderen Familie gegeben werden soll. 
Sowohl der Vater des Ungeborenen, als auch ihre eigene Familie strafen die Heranwachsende bis dahin mit Missachtung und Geringschätzung. Nur Lizzy, Cathy's ältere Schwester unterstützt sie heimlich und überreicht ihr eines abends eine Zeitungsanzeige, in der in Mayfair eine Aushilfe für Papa Jacks Emporium gesucht wird. Da das hilflose Mädchen unbedingt ihr Baby behalten möchte, sieht sie keinen anderen Ausweg, als von Zuhause wegzulaufen um sich in London auf die ausgeschriebene Stelle in dem Spielzeugladen zu bewerben. 
Nach ihrer Ankunft fällt ihr sofort auf, dass dieses Geschäft weit mehr ist, als ein normaler Spielwarenhandel, denn er wirkt nahezu magisch auf sie. In sämtlichen Gängen und Winkeln des Emporiums befinden sich zahlreiche Patchworktiere- die sich wie lebendige Lebewesen verhalten. Auch riesige Bäume aus Pappmaschee die bereits Wurzeln in den Bodendielen geschlagen haben und in denen sich täuschend echte Vögel aus Pfeifenreinigern aufhalten- überwältigen Cathy. Zwischen all diesen Wunderlichkeiten hält sich der Inhaber Jekabs Godman auf- der von allen nur Papa Jack genannt wird, sowie seine beiden Söhne Kaspar und Emil. Nachdem die 15-jährige den gewünschten Job erhalten hat, wird Kaspar dem Erstgeborenen schnell klar, in welcher misslichen Lage sich das Mädchen befindet. Da er für Cathy bereits Gefühle entwickelt hat, versteckt er den Teenager nach der Saisonarbeit in einem lebensgroßen Spielzeughaus inmitten des Emporiums. Denn das Geschäft hat seine Tore nur zwischen dem ersten Frost und dem Erblühen der Maiglöckchen geöffnet. Als Emil eines Tages durch Zufall die versteckte Cathy findet, will auch dieser helfen und schweigt über seine Entdeckung. Obwohl schon immer ein Konkurrenzkampf zwischen den beiden Brüdern bestand wer das bessere Spielzeug baut, entwickelt sich nun auch eine Rivalität, für wen sich die Schwangere letztlich entscheidet. 
Doch das größte Problem steht allen noch bevor, denn bald bricht der erste Weltkrieg aus und alles wird sich ändern...

Eigene Meinung:

"Die kleinen Wunder von Mayfair" ist Robert Dinsdale's dritter Roman. Es handelt sich hierbei um eine Geschichte, die 1906 mit der Ausreißerin Cathy Wray beginnt. Das schwangere 15-jährige Mädchen begibt sich alleine nach Mayfair, in der Hoffnung durch die ausgeschriebene Stelle Unterstützung von Papa Jack zu bekommen. Das Geschäft mit seinen nahezu lebensechten und besonderen Spielsachen wirkt so magisch, dass selbst der Leser beim Verschlingen der Seiten und Zeilen wieder zum Kind wird. Robert Dinsdale versteht es mit einer Leichtigkeit einen Ort zu schaffen, bei dem nichts so ist wie es scheint. Der Autor verleiht mit seinen wundervollen Ideen der Geschichte einen ganz besonderen Zauber, der nicht übertrieben wirkt und trotzdem die Spielsachen, das Gebäude und auch die Protagonisten zu etwas ganz Besonderem werden lässt. 
Doch hinter der Fassade des Emporiums steckt weit mehr als nur ein ganz einfacher Spielzeugmacher. Jekabs Godman ist ein gebrochener, alter Mann, der in seinem Leben schon viel mitgemacht hat. Daher baut er für sich und seine Kinder über das Emporium eine regelrechte Schutzzone auf, in der sich alle sicher fühlen können. Nichtsdestotrotz wetteifern seine beiden Söhne um die Gunst des Vaters und wer dessen Nachfolge später einmal antreten darf.  
Der Geschichtsverlauf verselbstständigt sich durch die vielen unterschiedlichen Charaktere. Kaspar der Erstgeborene und technisch verstierte, Emil der kindlich wirkende Tollpatsch, Cathy die vernünftige Friedenstifterin und zuletzt Papa Jack der normalem Spielzeug Leben einhaucht, sorgen für ein hohes Unterhaltungspotenzial. Das Buch nimmt ab der Mitte eine dramatische Wendung, die für einen weiteren Handlungsstrang sorgt. Der Autor spielt mit dem Leser, in dem er diesen in die Abgründe des ersten Weltkrieges blicken lässt und gleichzeitig die Magie im geschützten Emporium präsentiert. Doch schon bald droht der Krieg nicht nur das Land zu zerstören, sondern auch die heile Welt im zauberhaften Spielzeugladen.
Fazit: Dies ist eine tiefgründige und magische Geschichte, die der Autor aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Wer einmal angefangen hat das Buch zu lesen, kann nicht mehr aufhören. 
Meine Bewertung: 5 von 5 Sternen