Rezension

eine berührende und aufwühlende Familiengeschichte

Helenes Versprechen -

Helenes Versprechen
von Beate Rösler

Bewertet mit 5 Sternen

New York 1947:

Der zweite Weltkrieg ist zu Ende und die Kinderärztin Helene Bornstein kann die langersehnte Reise in die USA antreten, um ihren Sohn Moritz wieder in die Arme schließen zu können. Rückblick: Vor zehn Jahren traf Helene eine schwere Entscheidung: um das Leben ihres Sohnes vor den Nazis zu retten, steckte sie Moritz in den Frankfurter Kindertransport, der ihn aus Deutschland wegschaffte. In all der Zeit wollte sie nur eins: ihren Sohn wieder sehen! Jetzt sollte es endlich so weit sein, aber wie wird das Wiedersehen ausfallen? Kann er sich überhaupt noch an seine Mutter erinnern? Wie lebt er heute? Diese und noch andere Fragen quälen Helene und lassen die Wiedersehensfreude immer wieder abebben.

 

Helenes Versprechen ist bereits der dritte Roman von Beate Rösler. Ich muss zugeben, dass ich weder von der Autorin was gehört bzw. ein Buch gelesen habe. In einer Leserunde bin ich zufällig über dieses Werk “gestolpert“. Nicht nur das Cover hat meine Neugierde geweckt, sondern auch der dazugehörige Klapptext. Irgendwie wusste ich, dass dieses Werk genau meins ist und so sollte es auch sein.

 

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und leicht. (Anm. die ausgewählte Schriftform war mir ein wenig zu klein und ich empfand sie als leseunfreundlich. Wie ich erfahren habe, liegt die Entscheidung nicht bei der Autorin, sondern beim Verlag). Trotz allem ließ er mich sofort in die Geschichte von Helene Bornstein ein- und abtauchen. Je weiter ich mich in die Handlung vertiefte, desto mehr spürte ich mit wieviel Herzblut Beate Rösler ihren Roman schrieb. Als allererstes fielen mir die facettenreichen und authentischen Charakteren auf. Beate Rösler hat sie nicht nur perfekt eingefangen und wiedergegeben, sondern hauchte ihnen Leben ein. Mit jeder Seite ließ sie die Figuren wachsen und so konnten sie ihre Geschichte erzählen und allen voran leben. Das ist genau das, was ich liebe. Charaktere, in denen ich mich hineinversetzen kann und ihre Emotionen teilen darf. Gut ausgearbeitete Personen ist das eine, aber eine berührende und starke Handlung ist das A und O und das gab es hier. Wie ich bereits von der Buchrückseite erfuhr, ließ sich die Autorin von einer wahren Geschichte einer jüdischen Kinderärztin inspirieren und schuf darauf die fiktive Story über Helene Bornstein. Aber Beate Rösler hat mehr getan, als nur eine Geschichte zu schreiben, diese hat sie zugleich und beklemmend und berührend erzählt. Dank ihrer akribischen und detaillierten Recherche trug sie biografische und historische Fakten aus dieser Zeit zusammen, um diese dann in die Handlung einfließen zu lassen. Dadurch erhielt sie eine Authentizität, die nicht besser hätte sein können. Beate Rösler erzählt Helenes Geschichte in zwei Zeitzonen. Die eine handelt von der Reise nach Amerika, wo sie endlich ihren Sohn nach zehn Jahren wiedersehen wird. Die Autorin hat es geschafft, Helenes Neustart mit all seinen Facetten aufzuzeichnen. Was mir sehr gut gefiel, dass ich u.a. die Schwierigkeiten, die sie mit ihrer Familie, Sprache und neuen Heimat hatte, erleben und fühlen durfte. Ehrlich werden ihre Ängste, Selbstzweifel und die Verarbeitung ihrer Vergangenheit dargestellt. Pure Emotionen!

Die zweite Zeitzone blickt in die Jahren 1925 – 1945 zurück. Dort erfährt der Leser, wie Helene Kinderärztin geworden ist und allen voran, wie sie den zweiten Weltkrieg mit all seinen Gräueltaten erleben musste. Bildhaft berichtet die Autorin von brennenden Synagogen, Plündereien von jüdischen Geschäften oder gar von den schrecklichen Deportationen der Juden. Ich hatte Bilder vor Augen, von verzweifelten Menschen, Angst, Hunger, schreienden Kindern, Tod, Gewalt und die blinde Wut der NS. Die Ereignisse waren an manchen Stellen so erschreckend und ließen mich erschaudern, dass ich das Buch erst einmal zur Seite legen musste. (Solche Bilder oder Ereignisse dürfen sich nie wieder wiederholen.)

Die Geschichte wird von einem Kapitel abgerundet, dass Helene schon zehn Jahre in Amerika leben lässt.

Im hinteren Bereich befindet sich noch ein Glossar mit den wichtigsten Daten und Quellenhinweisen, die ebenfalls sehr informativ sind.

 

Wenn es nicht auf diesem Buchdeckel draufgestanden hätte, hätte man auch meinen können, dass sich diese Geschichte genauso in Frankfurt so abgespielt hat. Zu keinem Zeitpunkt entstand das Gefühl, dass diese eine von fiktiver Art war.  

 

Helenes Versprechen war einer der besten Romane, die ich bis heute gelesen habe. Kompliment an Beate Rösler, die nicht nur eine gute Erzählerin ist, sondern auch mit ihren bildhaften Schreibstil ein wahres Kopfkino anwirft. Eine aufrüttelnde und bewegende Geschichte zugleich. 5 von 5 Sternen und eine absolute Leseempfehlung!!!

(Anm. Dieser Roman wird definitiv nicht der letzte von dieser Autorin sein.)