Rezension

Eine britische First Lady

Lady Churchill -

Lady Churchill
von Marie Benedict

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die Geschichte einer starken und imponierenden Frau, leider ohne spannende Wendungen oder Perspektivwechsel.

„Sie müssen mich ja nicht mögen, aber sie sollten meine Rolle respektieren sowie die Ziele, die ich mir für das britische Volk gesetzt habe. Was fällt ihnen ein, sich in dieser Zeit so kleingeistig aufzuführen? Was fällt ihnen ein, so über Frauen zu reden – ganz gleich, welche Frau, ganz gleich, zu welcher Zeit?“

Clementine Churchill in „Lady Chuchill“, Seite 234

Der historische Roman „Lady Churchill“ erscheint am 15.04.2021 beim Verlag Kiepenheuer & Witsch. Herzlichen Dank an NetGalley.de und den KiWi Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Darum geht’s

Als sich die junge Clementine in den noch unerfahrenen Politiker Winston Churchill verliebt und in die Heirat einwilligt, ahnt sie noch nicht, welch zentrale Rolle sie im beruflichen Leben ihres Mannes spielen wird. Durch alle Höhen und Tiefen des Lebens bleibt Clementine an seiner Seite und setzt sich für die Zukunft und das Wohl des britischen Volkes ein, insbesondere als der zweite Weltkrieg auch Großbritannien erreicht.

Mein Leseerlebnis

Wie in einer historischen Reportage durfte ich Clementine Churchill kennenlernen. Ihr selbstbewusstes Auftreten gegenüber den männlichen Politikern, die Selbstverständlichkeit mit der sie sich in die beruflichen Themen ihres Mannes einmischte und ihn in seinen Meinungen beeinflusste sowie ihre Nähe zu den „einfachen Menschen“ und Kriegsopfern haben mir imponiert. Auch, dass dadurch die Beziehung zu ihren Kindern und ihre Gesundheit litten, wird nicht verschwiegen. Clementine Churchill wird äußerst menschlich mit ihren Stärken und Schwächen dargestellt, was mir sehr gut gefallen hat.

Leider bleibt der Roman für mich zu sehr im Stil einer Reportage verhaftet. Die Ereignisse, denen die Leser*innen aus Clementines Sicht folgen, werden chronologisch abgehandelt. Einige Schemata in ihrem Verhalten und Denken wiederholen sich und führten für mich zu unnötigen Längen, durch die die Lektüre zeitweise zäh wurde. Mir fehlen Rückblenden, plötzliche Wendungen und Überraschungen. Auch ein Perspektivwechsel, durch den es möglich gewesen wäre, Clementine aus den Augen anderer Zeitgenoss*innen zu sehen oder die Einführung eine*r weitere*n Protagonist*in, hätten mehr Spannung und Abwechslung erzeugt. Im letzten Drittel des Romans wird die ereignisreiche Zeit während des zweiten Weltkriegs beschrieben. Hier nimmt die Geschichte nochmal ein bisschen Fahrt auf und die Spannungskurve steigt.

Der Schreibstil ist durchgängig angenehm und flüssig. Allerdings plätscherte es für mich an der einen oder anderen Stelle zu viel vor sich hin. Die Dialoge sind gut gestaltet.

Leider konnte mich die Autorin über die meisten Seiten nicht mit auf Zeitreise nehmen. Ich hatte nur sehr vereinzelt das Gefühl, Situationen mitzuerleben oder emotional mitgenommen zu werden. Meist blieb es bei einer Betrachtung von außen, vergleichbar mit der bereits erwähnten Reportage.

Fazit ⭐️ ⭐️ ⭐️ + /5

LADY CHURCHILL bringt den Leser*innen eine imponierende und starke Frau näher, die es definitiv wert ist, dass man sich mit ihr auseinandersetzt. Die chronologische Abhandlung der Ereignisse in Clementine Churchills leben verzichtet dabei allerdings auf überraschende Wendungen oder Perspektivwechsel und bleibt trotz der Ich-Perspektive vielfach distanziert. Ich empfehle das Buch Leser*innen, die ein biografisches Interesse an Clementine Churchill haben und auf eine spannungsvolle Rahmengeschichte verzichten können.