Rezension

Eine gebildete Prinzessin mit einem Hang zur Ehrlichkeit

Die Wächter der Tore -

Die Wächter der Tore
von Viktoria Ludwig

Bewertet mit 4 Sternen

Ein spannender Roman mit ungewöhnlichen Ideen. Trotz der vielen kriegerischen Auseinandersetzungen habe ich ihn gern gelesen. 

Im Reich Silkari hat man einst alle Überlebenden eines verheerenden Krieges aufgenommen, durch den das Volk der Peganer die Sarkadianer mehr oder weniger ausgelöscht hat. In der Silbernen Stadt und auch im benachbarten Ajuno leben nun Menschen verschiedener Völker friedlich zusammen. Allerdings sind beide Bezirke durch eine undurchdringbare Dornenhecke voneinander getrennt, so dass man auf der einen Seite so gut wie nichts von dem weiß, was auf der anderen Seite vor sich geht. Prinzessin Nefertina, die kurz vor der Verlobung mit dem Prinzen der Peeroinaer steht, nutzt eines Tages die sich bietende Gelegenheit, mit ihren Freundinnen Lily und Garuda auf die andere Seite zu gelangen. Was sie dort erfährt, bringt ihr heiles Weltbild ins Wanken. Zurück im Schloss, beginnt sie, in der Schlossbibliothek die Vergangenheit zu erforschen. Und dann überschlagen sich die Ereignisse ...

Eine große Rolle spielt in der Welt Silkaris die Religion der drei Tore, die sich von der Zahlensymbolik her an das Christentum anlehnt, ansonsten aber eher eigene Wege geht. Viel Magie ist im Spiel; Anghörige unterschiedlicher Völker haben unterschiedliche magische Gaben. 

Was mir sehr gut gefallen hat, ist die ungewöhnliche Figur einer ehrlichen, fleißigen, Recherche-besessenen Prinzessin, deren liebster Zufluchtsort die Bibliothek ist. Wobei man am Anfang noch nicht so richtig aus ihr schlau wird. Gemeinsam mit den anderen Romanfiguren fragte ich mich zunächst vergeblich, was in ihr vorgeht. Vielleicht soll das so sein. Der Leser wird am Anfang schon mal ein bisschen auf die Probe gestellt, bis er weiß, wer wirklich auf die „gute“ Seite gehört. In diesem Zusammenhang hat mich allerdings die manchmal etwas unklare Personenregie gestört; es wäre einfacher zu lesen gewesen, wenn immer deutlich gewesen wäre, wer gerade mit wem spricht. Zu viele Unklarheiten zerfasern die Spannung, denn man muss ständig nochmal einen Satz lesen, um die Zusammenhänge zu verstehen. Aber dieses Problem hatte ich nur in den ersten Kapiteln, und mit zunehmender Klarheit wuchs auch die Spannung. Insgesamt ist die Geschichte schön geschrieben, in sauberer, gekonnter Sprache, hin und wieder garniert mit kleinen überraschenden Weisheiten (eine meiner Lieblingsstellen ist, wie die Kriegerin Nyhao der Prinzessin bedingungslose Treue verspricht und diese sich nicht sicher ist, ob sie das gut finden soll). 

Was mir ein bisschen zu dick kommt, ist das Schlachtengetümmel. Aufgrund aktueller Ereignisse bin ich momentan einfach nicht gerade erpicht darauf, soviele Beschreibungen kriegerischer Auseinandersetzungen zu lesen. Wenn dann andererseits unsere Helden gleich am nächsten Morgen, beim Frühstück, nach einem großen Action-Showdown, der Essensverschwendung den Kampf ansagen, dann ist es ein wenig, als wäre der Roman soeben von der Bundesregierung in Auftrag gegeben worden ; ) Anderes gefällt mir wieder sehr. Neben all den magischen Ereignissen gibt es immer wieder sehr menschliche Szenen. Und mir gefällt, dass nicht so viele Stereotype bedient werden, zum Beispiel Eifersucht zwischen den verbündeten Freunden: sie ist vorhanden, ja, aber sie wird nicht romanbeherrschend. 

Fazit. Ein spannender Roman mit ungewöhnlichen Ideen. Trotz der vielen kriegerischen Auseinandersetzungen habe ich ihn gern gelesen.