Rezension

Eine gelungene Bergsteiger-Parodie, die einen ständig schmunzeln lässt

Die Besteigung des Rum Doodle - William E. Bowman

Die Besteigung des Rum Doodle
von William E. Bowman

Bewertet mit 4 Sternen

Der höchste Berg der Erde ist, wie man in diesem Buch lernt, nicht der Mount Everest mit seinen 8848 Metern, sondern der Rum Doodle, der sich im Himalaja in 12192 Meter Höhe erhebt. Dieses Buch berichtet von dessen Ersteigung.

Das exquisite Team der Bergbezwinger besteht aus dem Expeditionsleiter, Binder genannt, der sich vor allem um seinen – aufgrund der Kochkünste des einheimischen Kochs Pong – schmerzenden Magen sowie um das Zwischenmenschliche kümmert. Letzteres tut er, indem er bei seinen Kollegen in Einzelbefragung danach forscht, ob sie eine Braut haben.

Weitere Fachkräfte sind der Arzt Prone, bei dem eine Krankheit die nächste ablöst, so dass er vor allem sich selbst behandelt; der rührige Fotograf Shute, dessen Fimmaterial leider immer dem Sonnenlicht ausgesetzt wird; der Wissenschaftler Wish, der vor allem die Siedegrade von Eis in verschiedenen Höhen bestimmt; der für die Versorgung zuständige Burley, der nacheinander unter den verschiedensten Formen von Schläfrigkeit leidet; der Übersetzer Constant, der stets mit der Sprache der Einheimischen zu kämpfen hat, und – last, not least – der Funkfachmann und Pfadfinder Jungle, der sich ständig verirrt. In einer schönen Szene zu Anfang des großartigen Unternehmens führt er die Expedition versehentlich im Kreis; Shute, der sich an einer Stelle aufgebaut hat, um zu filmen, sieht also alle Mitglieder der Expedition zweimal auf sich zukommen; da aber auch dieses Filmmaterial leider dem Licht ausgesetzt wurde, konnte dieses ergreifende filmische Dokument nicht bewahrt werden.

Diese wahrlich einmalige Truppe also besteigt den höchsten Berg der Erde; und das kommt so: Man schlägt erst das Basislager, dann Lager 1, dann in verschiedenen Besetzungen weitere Lager in größerer Höhe auf, wobei immer mal wieder jemand von einem höher gelegenen in ein tiefer gelegenes Lager zurückkehrt und dann wieder hochsteigt; gute Laune herrscht immer, wenn sich Expeditionsmitglieder zum Champagnertrinken zusammenfinden, was aber Expeditionsleiter Binder, der durch eine einmalige Naivität besticht, nie mitkriegt. Auf ihren mutigen Märschen fallen die Pioniere des Bergsteigens immer mal wieder in eine Gletscherspalte, was aber letztlich kein Problem ist, da sie von ihren einheimischen Trägern wieder herausgezogen werden. Schließlich ist es Binder, der mit einem Träger den Gipfel erreicht – doch, ach, es ist der falsche Berg, der deutlich niedrigere Nord-Doodle! Ein Versehen sorgt dafür, dass die Expedition dennoch als vollkommen gelungen betrachtet werden kann: Durch ein sprachliches Missverständnis kehren die Träger nicht ins Basislager zurück, wie Constant anordnet, sondern besteigen den Gipfel des Rum Doodle, und weil sie sich den kranken Arzt Prone über die Schulter werfen und ihn so mitnehmen, wird der Berg dann doch von einem Europäer bezwungen: der, dank seiner Körpergröße, eine deutlich höhere Höhe erreicht als die Einheimischen!

Ich war bei der Lektüre dieses Buchs dauernd am grinsen oder musste auch öfter laut lachen. Ich kenne nur einen Bericht, der einen ähnlichen bergsteigerischen Pioniergeist ausstrahlt: eine Radioreportage aus den 1980er Jahren über die erste Besteigung des Feldbergs mit Sauerstoff.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 18. Juli 2014 um 00:54

Ich bin echt froh, dass ich nicht dieses Buch von dir ausgesucht bekommen habe! *schweissvonderstirnwisch*

Steve Kaminski kommentierte am 18. Juli 2014 um 09:50

Na, das Bergsteiger-Buch ist nett, aber wenn man's gelesen hat, ist es auch vorbei... Seethaler ist da (für mich) doch viel mehr.