Rezension

Eine interessante Zeitreise

Am Himmel die Flüsse -

Am Himmel die Flüsse
von Elif Shafak

Bewertet mit 4 Sternen

Vergangenheit und Gegenwart treffen hier zusammen in einem in mehrfacher Hinsicht interessanten Roman, der nicht nur über menschliche Schicksale erzählt, sondern diese kreativ verknüpft mit aktuellen und jahrhundertealten religiösen und politischen Konflikten. Auf drei Zeitebenen agieren drei Hauptfiguren, die mithilfe der drei Atome von Wasser, nämlich H-O-H, die Welt des Königreichs Assyrien in mehrfacher Hinsicht lebendig werden lassen. Narin, Zaleekhah, Arthur sind 2018 nach Fertigstellung der Talsperre am Tigris mit ihren Schicksalen vereint. Assurbanipal als Herrscher über das wohlhabendste Imperium der gesamten Welt spielt mit seiner riesigen Bibliothek in Ninive, der Hauptstadt Mesopotamiens, eine gewichtige Rolle. Das dort befindliche Gilgamesch-Epos fesselt Arthur, der 1840 am Ufer der Themse geboren wird. Neben seinem beachtlichen Lebensweg gesellt sich 2018 Zaleekhah, Hydrologin, dazu, auf einem Hausboot auf der Themse lebend. Und schließlich geht es 2014 um Narins eigener Vertreibung aus Hasankeyf am Tigris wegen eines Dammbauprojektes der türkischen Regierung. Das Leben der Eziden, einer Minderheit im osmanischen Reich, kein »Volk der Schrift«, deren Sitten und alten Künste werden lebendig beschrieben. Historische Figuren und tatsächliche Geschehnisse wie z.B. Dr. John Snow und seiner Entdeckung in Bezug auf Cholera oder das Flusspferd Obaysch, das ein osmanischer Pascha den Engländern schenkte, sind eingeflochten. Thematisiert wird auch die Frage, ob ausländische Museen wie das Britische Museum und reiche Privatleute überhaupt Besitz an dem kulturellen Erbe wie hier den Kunstschätzen aus Ninive anmelden können. Ein interessanter Roman über Ninive und seine kulturellen Überreste, angedockt an die lange Reise eines Regentropfens.