Rezension

Eine Reise ins Jahr 1491 nach Oakham in England

Westwind -

Westwind
von Samatha Harvey

Bewertet mit 4 Sternen

Die Autorin Samantha Harvey nimmt den Leser auf eine Reise ins Jahr 1491 nach Oakham in England mit. Es ist eine dunkle und rätselhafte Welt, die sie da vor den Augen des Lesers entfaltet. Thomas Newman ist der reichste und angesehenste Bürger des Ortes. Alle Einwohner orientieren sich an ihm. Kurz vor Beginn der Fastenzeit wird er von der tödlichen Strömung des Flusses mitgerissen. Der örtliche Priester John Reeve soll nun auf seine Gemeinde einwirken und herausfinden, ob es ein Unfall war, ein Selbstmord, oder gar ein Mord! Als Besonderheit ist hervorzuheben, dass die Autorin die Erzählung rückwärts aufbaut.

Meine Meinung:

Ich hatte mich sehr auf dieses Buch gefreut, weil ich mir eine spannende Geschichte erhofft hatte. Insgesamt bin ich nicht rundum zufrieden. Das Rückwärtserzählen mag ein neuer Einfall sein, beim Lesen jedoch hatte ich ein wenig Probleme, die Geschehnisse im Kopf zu separieren. Insgesamt hätte ich mir ein wenig mehr Spannung von dem Text erwartet. Es werden sehr viele kirchliche Aspekte behandelt, was ich nicht erwartet hatte. Beim Lesen jedoch wurde mir indes klar, was für eine große Macht und tragende Säule die Kirche zur damaligen Zeit für die Menschen dargestellt hatte. Diesen Stand hat sie heute natürlich nicht mehr. Das ist der Autorin hervorragend gelungen. Der Alltag der Menschen in der damaligen Zeit, mit all ihren Mühen und Entbehrungen, wurde mir sehr nahe gebracht und lässt mich mit dem Gefühl zurück, froh zu sein, damals nicht gelebt haben zu müssen. Für die Geschichte hätte ich mir etwas weniger ausführliche Beschreibungen gewünscht, dafür aber mehr Konzentration auf den zu lösenden Todesfall. Insgesamt fehlte mir hier ein durchgehender Spannungsbogen.

Sprache der Autorin:

Besonders hervorheben möchte ich die sprachliche Leistung der Autorin. Ich kann gut nachvollziehen, dass ihr Werk mit dem Staunch Book Prize ausgezeichnet wurde. Sie erzählt mit einer feinen und ausgewählten Sprache, die sicher nicht alltäglich ist. An vielen Stellen ist es sehr schön, ihr zu folgen.

Aufmachung des Buches und Cover:

Das Buch ist für mich ein kleines Kunstwerk! Das Cover ist grandios gestaltet, mit dem Abbild einer stürmischen See und den überwiegend dunklen Farben, ein paar verwehten rot-braunen Blättern, lässt es den Leser schon etwas von dem Unheil erahnen, das innerhalb der Buchdeckel stattfindet. Das Schriftbild ist sehr gut gewählt und lässt sich problemlos lesen.

Mein Fazit:

Die Autorin zeigt eine dunkle, rätselhafte und verwirrende Welt im England des Jahres 1491. Sie skizziert einen Mikrokosmos, der Traum und Realität miteinander verwebt, woran ich mich erst einmal gewöhnen musste.
Sicherlich "großes Kino", das mich aber nicht vollständig erreicht hat. Deshalb vergebe ich vier Sterne für dieses ungewöhnliche und sicherlich etwas anspruchsvolle Buch.