Rezension

Eine teilweise sehr berührende Geschichte

Denk ich an Kiew -

Denk ich an Kiew
von Erin Litteken

Bewertet mit 3 Sternen

Wisconsin, 2004: Cassie, die ihren Ehemann bei einem Autounfall verloren hat, zieht mit ihrer Tochter zu Bobby, ihrer Großmutter mit ukrainischen Wurzeln. Bobby leidet an immer stärker werdender Demenz und Cassie kämpft gegen die immer noch übermächtige Trauer an. Als sich jedoch Bobbys Zustand weiter verschlechtert und diese immer verwirrter wird, gibt sie ihrer Engelin ein Tagebuch, in dem eine Vergangenheit niedergeschrieben wurde, die Cassie schon immer brennend interessiert hat.

Ukraine, 1930er: Die junge Katja lebt mit ihrer Familie auf einem Bauernhof. Sie liebt das einfache Leben und Pawlo, den sie heiraten will. Als Stalins Männer in die Dörfer einmarschieren, ändert sich ihrer aller Leben unwiderruflich. Katja berichtet von der systematischen Aushungerung der ukrainischen Bauernschaft, von Verlust, Trauer, Angst und Terror.

Meine Meinung:

Der Roman "Denk ich an Kiew" hat mir sehr gut gefallen. Zumindest die Teile, in denen die Handlung aus Katjas Sicht geschildert wurde. Ich muss sagen, dass mir der Holodomor nicht wirklich ein Begriff war, und so war ich beim Lesen mehrmals unglaublich schockiert ob der unbarmherzigen Härte, mit der die ukrainische Bevölkerung misshandelt und systematisch umgebracht wurde. Ich konnte mich wahnsinnig gut in die Handlung hineinversetzen. Katja ist eine so unglaublich starke Frau, die alles daran setzt, nur irgendwie zu überleben und einfach immer weiter macht. Leider gefiel mir hingegen Cassies Handlungsstrang gar nicht. Auch wenn sie sich in tiefer Trauer befindet, ist es für mich unverständlich, dass sie sich (als Schriftstellerin mit abgeschlossenem Journalismusstudium) nicht bereits irgendwie mit der ukrainischen Geschichte beschäftigt hat, wo sie doch immer wieder betont, wie interessiert sie an der Vergangenheit ihrer Großmutter sei. Insgesamt ist dieser Teil des Romans leider eher eine seichte Lovestory, die meiner Meinung nicht richtig zum anderen Teil passt.

Trotzdem habe ich den Roman sehr gern gelesen, er bot unglaublich schockierende Einblicke in eine nicht sehr gut aufgearbeitete Zeit und die Bezüge zur momentanen Situation sind natürlich allgegenwärtig.