Rezension

Eine wundervolle und sehr außergewöhnliche Geschichte

Hier könnte das Ende der Welt sein - John Corey Whaley

Hier könnte das Ende der Welt sein
von John Corey Whaley

Was haben der als ausgestorben geglaubte Lazarusspecht, ein vermisster 15-Jähriger und ein jugendlicher Missionar gemeinsam? Auf den ersten Blick vielleicht nicht viel, aber in "Hier könnte das Ende der Welt sein" kreuzen sich die Wege der Drei und daraus ergibt sich eine außergewöhnliche Geschichte, die mich sehr berührt hat.

Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht Cullen. Cullen ist 17 Jahre alt und lebt mit seiner Familie in Lily, einem kleinen Nest in Arkansas. Lily könnte, wie der Titel des Buches schon sagt, das Ende der Welt sein, denn es ist absolut nichts los. Bis eines Tages ein Mann dort auftaucht und behauptet, dass er ausgerechnet in Lily den Lazarusspecht, der als ausgestorben gilt, gesehen hat. Endlich ist etwas los in dem kleinen Örtchen und die Bewohner begrüßen die aufkommende Specht-Hysterie. Lazarus-Burger werden verkauft, Lazarusspecht-Haarschnitte angeboten und Gebäude in Anspielung auf den seltenen Vogel umbenannt. Gar nicht begeistert und eher genervt davon sind Cullen und sein Bruder Gabriel, die Aufregung um den Vogel können sie überhaupt nicht nachvollziehen. Doch kurze Zeit später verschwindet Gabriel spurlos und Cullen und seine Familie sind am Boden zerstört. Was ist Gabriel zugestoßen? 
Parallel zu der Geschichte von Cullen und Gabriel wird die von Benton Sage erzählt. Benton hat gerade für seine Kirche seine erste Mission in Äthiopien angetreten und ist von den Eindrücken und Lebensumständen der Menschen dort überwältigt. Schnell stellt er jedoch fest, dass diese Mission nicht seinen Vorstellungen entspricht und er stellt in Frage, ob er den Menschen in Äthiopien wirklich Christus nahe bringt. 
Die Handlungsstränge von Benton und Cullen stehen zunächst in keinerlei Zusammenhang und man fragt sich von Anfang an, wieso ausgerechnet die Geschichten dieser beiden Jugendlichen in einem Buch erzählt werden. Aber gerade das hat mir sehr gut gefallen. Im Wechsel wird von Cullens Verzweiflung über das Verschwinden seines Bruders und von Bentons scheinbar gescheiterter Mission erzählt, wobei doch etwas mehr Aufmerksamkeit den Geschehnissen in Lily geschenkt wird. Beide Handlungen haben einen ernsten Kern und konnten mich berühren. Besonders Cullens Geschichte hat mich mitgenommen, da seine Verzweiflung über das Verschwinden seines Bruder durchgängig zu spüren war. Zwischendurch immer mal wieder ein kleiner Hoffnungsschimmer, aber durch einen geschickten Wechsel der Erzählperspektive in diesen Passagen bleibt die Frage offen, ob diese tatsächlich passieren oder sich nur in Cullens Kopf abspielen - ein Aspekt, der einen durchgängig rätseln lässt und der mir wahnsinnig gut gefallen hat. 
Ebenso begeistert hat mich die Art und Weise, wie beide Handlungsstränge zusammengeführt werden. Das Buch hielt hier eine wahre Überraschung für mich bereit und die Lösung fand ich absolut genial. 

"Hier könnte das Ende der Welt sein" konnte mich von Anfang an in seinen Bann ziehen. Die nur 200 Seiten stecken voller Tiefe, Gefühl und Überraschung und es fiel mir schwer, mich von ihnen zu lösen. Besonders Cullen habe ich mich nahe gefühlt, da seine Trauer und Hoffnung sehr gut zum Ausdruck kommen und man sich so von Anfang an in ihn hineinversetzen kann. Eine besondere Dynamik wird dem Buch durch den Wechsel der zwei Handlungsstränge verliehen, die auf den ersten Blick wirklich nichts gemeinsam haben. John Corey Whaley hat schließlich diese zwei völlig unterschiedlichen Geschichten auf eine unglaubliche und fantastische Weise miteinander verbunden und mich so wirklich verblüfft. Zusätzlich konnte mich die Geschichte durch den außergewöhnlichen Erzählstil begeistern, durch den für mich immer wieder neue Fragen aufgeworfen wurden. 
Für mich ist "Hier könnte das Ende der Welt sein" ein wahres Highlight, das ich jedem, der außergewöhnliche Geschichten liebt, ans Herz legen möchte.