Rezension

emotionsgeladener Jugendroman

Was die Welle nahm - Vera Kissel

Was die Welle nahm
von Vera Kissel

==Buchbeschriebung ==

Wenn die Wahrheit anders ist, als du glaubst.

Ausschlafen, schwimmen, rumhängen. Eigentlich könnte der 14-jährige Lukas tun, was er will. Doch zu sehr beschäftigt Lukas der Gedanke an seinen Vater, der beim schrecklichen Tsunami vor zehn Jahren ums Leben kam - und viel mehr noch die Frage, warum niemand über den Vater spricht. Es ist, als hätte es ihn nie gegeben. Auf der Suche nach einer Erklärung entdeckt Lukas etwas, das ihn zunächst völlig aus der Bahn wirft.

Themen wie Trauer, Verlust und die Tsunami-Katastrophe von 2004 werden in diesem Buch literarisch anspruchsvoll umgesetzt, das für den Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis 2012 nominiert wurde.

== Leseeindrücke: ==

Die Altersempfehlung für diesen Jugendroman liegt bei 13 bis 16 Jahren- Aber auch als Erwachsene habe ich diesen ungemein emotionalen Roman in fast einem Rutsch gelesen und sehr genossen:

Der 14-jährige Lukas lebt mit seiner Mutter in Berlin. Da diese verreist hat er 2 Wochen sturmfreie Bude. Von seinem Vater weiß er nicht viel, nur dass er vor knapp 10 Jahren beim damaligen Tsunami in Thailand ums Leben kam. Die mutterlose Zeit möchte er nutzen, um mehr über seinen Vater, über den die Mutter nicht spricht, zu erfahren. Dabei entdeckt er etwas, womit er - und auch der Leser - nicht gerechnet hat. Die Wahrheit hätte er sich so wohl in seinen schlimmsten Albträumen, die ihn regelmäßig heimsuchen, nicht träumen lassen. Kann er mit dieser Wahrheit leben und wird sich alles noch zum Guten wenden ….

Schon vor dem Lesen war mir klar, weil darauf hingewiesen wurde, dass es sich hierbei nicht um einen klassischen Tsunami-Tatsachenbericht handelt, sondern eben um eine Geschichte, bei der der Tsunami eben als Aufhänger dient und eher am Rande und bei der Traumabewältigung von Lukas eine Rolle spielt.

Der Schreibstil ist sehr außergewöhnlich. Die Sätze wirken wirklich ziemlich abgehackt und unfertig:

S. 9 Anja ist weg und ich.
Kann machen was ich will.

Irgendwie ein Punkt zuviel, oder?

Anja ist weg und ich
kann machen was ich will.

Dass Lukas seine Mutter Anja nennt, fand ich auch sehr distanziert und ungewöhnlich. Seinen verstorbenen Vater spricht Lukas in diesem Buch auch direkt an:

S. 12 [...] Dass du Polier warst, einer vom Bau [...]
Die Sprache soll jugendlich flappsig wirken, tut sie auch. Für Teenies finde ich es recht angenehm zu lesen. Lesealterempfehlung liegt hier ja wie eingangs erwähnt bei von 13 bis 16 Jahren.
Der Titel "Was die Welle nahm" passt sehr gut, weil die Welle(n) ja nicht nur Menschenleben nahm, sondern eben Lukas den Vater, denn er mit seinerzeit 4 Jahren ja wenig kennenlernen durfte und so seinem Sohn-sein beraubt wurde.
Insgesamt finde ich die Handlung sehr emotionsgeladen und stellenweise auch traurig. Lukas wirkt recht reif und sympathisch. Die Schrift ist groß leserlich verfasst, so dass sich die 34 angenehm kurzen und kurzweiligen Kapitel, welche sich auf insgesamt 253 Seiten verteilen zügig lesen lassen.
Sehr schön auch die erste Seite von Kapitel 1, welche wie ein Gedicht, nur eben reimlos in Prosa wirkt.

Das Cover zeigt einen nachdenklich wirkenden, in sich gekehrten jungen Mann, der auf den Klippen stehend andächtig aufs weite Meer hinausschaut. Passend zum Titel und zur Story.

Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt und mit Lukas mitgefühlt und vergebe sehr gerne 5 von 5 Sternen!

by esposa1969