Rezension

Entthronung

Sisi -

Sisi
von Karen Duve

Bewertet mit 3 Sternen

Zugegeben: Ich bin absoluter Sisi-Neuling. Keinen der berühmten Filme habe ich gesehen, keine Doku, nichts. Doch Karen Duves neuer Roman klang, als könnte er meine Wissenslücken unterhaltsam schließen.

Der Roman ist auch einnehmend geschrieben und sehr gut recherchiert. Duve hält sich eng an originale Briefe, Zeitungsmeldungen und Tagebucheinträge aus der Zeit. Dazu gibt es hin und wieder wunderbar bissige Bemerkungen, die mich zum Schmunzeln brachten.

Aber was ist mit Sisi? Duve verliert kein schlechtes Wort über die legendäre Kaiserin, aber Elisabeths geschildertes Verhalten, ihre Befindlichkeiten, die ständig wechselnde Gunst und ihre Intrigen – nie offen angesprochen aber doch deutlich zu lesen – zeichnen das Bild einer Person, mit der man lieber nichts zu tun haben möchte. Zum Glück war ich vorher kein Sisi-Fan!

Ironisch deckt Duve höfische Missgünsteleien auf. Gerade die Frauen, die Sisi am meisten verehren, scheinen von ihr ins größte Unglück gestürzt zu werden. So musste ich mal grinsen über die Umtriebe der hohen Herrschaften, mal litt ich mit Mündel Marie oder mit Elisabeths ungarischer Hofdame Festetics und war entsetzt über gedankenlose Verschwendung und den Umgang mit manch einem Menschen und einigen Tieren.

Gerade am Punkt der Tiere hat Duve meines Erachtens die Kaiserliche Doppelmoral wunderbar herausgearbeitet. Sisi ist für ihre große Tierliebe berühmt. Sie ist umgeben von Massen an Hunden und Pferden und ist entsetzt, als sie mit ansehen muss, wie ein Hund von seinem Herrn geschlagen wird. Die Krux ist nur, dass bei Sisis größtem Privatvergnügen, der Jagt, die geliebten Pferdchen ohne Rücksicht auf Verluste zugrunde geritten werden. Oder die Hunde niedergetrampelt, wenn sie das Pech haben, im Weg zu sein.

Das Manko des Romans war für mich aber die Story. Jagten und dezente Flirts dominieren die Geschichte, sonst passiert kaum etwas. Widerworte gegen die Kaiserin wagt ohnehin niemand. So war es insgesamt doch recht unspektakulär.

Das höfische Leben ist anschaulich wiedergegeben und die ambivalente Kaiserin wirklich gut charakterisiert. Dennoch hätte es bestimmt einen spannenderen Zeitraum in Sisis Leben gegeben, aus dem man hätte berichten können. Ein Jagdunfall, Heirat mit oder Ehebruch durch Franz, die Ermordung; einfach irgendetwas Konkretes!

Aus Duves sprachlichem Talent, ihrer wunderbaren Bissigkeit und den umfangreichen Recherchen hätte man eigentlich mehr mache müssen. So ist es leider recht zäh und etwas langweilig geraten. Um in österreichischen zu bleiben: Echt Zach!

Kommentare

Sursulapitschi kommentierte am 26. September 2022 um 13:19

Echt Zach! :-) Ja! Sehr seltsam. 
Ich habe ja noch Fräulein Nette vor Augen und deren Leben war auch nicht besonders spannend, nur hat es Frau Duve geschafft, es durch und durch unterhaltsam zu beschreiben. Man hat mit dieser blaustrümpfigen Dichterin mitgelitten, wenn sie schon wieder von ihrer Familie vereinnahmt wurde, obwohl das objektiv betrachtet kein großes Drama ist. Ich habe keine Ahnung, was hier schiefgelaufen ist. 
Sisi ist gerade wieder angesagt wegen ihrem x-tem irgendwas. Vielleicht brauchte es dringend ein Buch zu diesem Jubiläum und Frau Duve hatte nicht so recht Lust auf das Thema.