Rezension

Ergreifende Flucht

Die weite Wildnis -

Die weite Wildnis
von Lauren Groff

Bewertet mit 3.5 Sternen

          Das Setting für Lauren Groff´ s Roman ist die unberührte und dünn bis gar nicht besiedelte Wildnis in Nordamerika zu Beginn des 17. Jahrhunderts. 
Die Protagonistin, genannt „das Mädchen“, sie selbst hat keinen Namen für sich und die Namen die sie von anderen bekommen hat sagen nichts über sie aus befindet sich gleich zu Beginn alleine auf der Flucht in einer für die Unbekannten und gefährlichen Gegend. Schnell merkt man, dass zwar die Bildung des Mädchens gering ist, ihr Verstand aber messerscharf. Das nötigste hat sie in Windeseile zusammen gerafft, Decken, Stiefel, ein bisschen Proviant und ein Beil. Sie flieht aus einer kleinen Siedlung, in der sie mit ihrer Herrin und deren Mann, dem Pfarrer seit ihrer Überfahrt aus England in großer Hungersnot gelebt hat. Nach und nach erfährt man vieles aus der Vergangenheit des Mädchens, wie sie als Baby ausgesetzt wurde, im Kloster lebte und schließlich bei ihrer Herrin gelandet ist. Beim Lesen fragt man sich immer wieder, was das Mädchen zu der gefährlichen, eigentlich auch zum Scheitern verurteilten Flucht ins Unbekannte bewegt hat. Sie möchte sich auf dem Weg nach Norden machen, da sie gehört hat, dass dort Franzosen leben, diesen Ort betrachtet sie als sicherer. Nach und nach erfährt man auch von ihren schlimmen Erlebnissen im Fort und ihren bisherigen Erlebnissen als namenloses, elternloses Ding, das den Reichen als Amüsierpüppchen, Wärmeflasche oder Dienstmagd gedient hat. Dies und die Brutalität der Natur schildert Groff spannend, emotional und kaum auszuhalten, da Gewalt und Missbrauch und Schmerzen immer wieder thematisiert werden. Besonders war für mich, wie das Mädchen in dieser aussichtslosen Situation in der Natur und deren Schönheit Trost findet, obwohl diese sich ihrem Schicksal gegenüber völlig gleichgültig verhält. Oft habe ich mir gewünscht, diese unberührte Natur mit den Augen des Mädchens selbst sehen zu können. 

Insgesamt fand ich den Schreibstil der Autorin sehr besonders, am Anfang auch etwas gewöhnungsbedürftig, aber schnell einen Sog entwickelnd. 

Es ist ein eine einzigartige Geschichte des Überlebenskampfes einer Frau, der auch unsere Sicht auf die Natur und unseren heutigen Umgang mit ihr verändert.