Rezension

Es gibt Bücher, die der Seele guttun und das ist solch ein Buch!

Jenseits des Himmels - Jennie Rooney

Jenseits des Himmels
von Jennie Rooney

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

Das Jahr 1862, anders gesagt der Höhepunkt der industriellen Revolution in Großbritannien. Neue Erfindungen vereinfachten den Menschen das Leben, die Wissenschaft herrschte über die Natur, wie man so schön zu sagen pflegte. Dennoch schwappten diese Revolutionen nicht schnell in die Gesellschaft über. So hatte man immer noch ein vorgegebenes Bild der Frau. In dieses Bild passt Ursula Bridgewater nicht. Reisebegeistert und mit einem unglaublichen Wissensdurst stürzt sie sich in Abenteuer. Ihre treue Begleiterin Sally, eine Waise, zieht sie dabei mehr oder weniger hinter sich her …

Meine Meinung:

Die Handlung des Buches wird in zwei Abschnitte eingeteilt, die sich über einen Zeitraum von zehn Jahren hinziehen. Das Geschehen fängt 1862 an, als eine der Protagonistinnen, Ursula, 25 Jahre alt ist und noch ziemlich frisch von ihrem Verlobten mehr oder weniger verlassen wurde. 

So wie jede andere Frau auch, die etwas von sich hält, versucht sie ihm zu zeigen, dass sie ihm nicht hinterher trauert. Ungewöhnlich für ihre Zeit, stürzt sie sich mit einer Reisegesellschaft von Thomas Cook (genau, DEM Thomas Cook) auf verschiedene Reisen. Entdeckt fremde Kontinente und versucht ihrem Leben einen Sinn zu geben. Auf der Suche nach etwas, was sie nicht benennen kann, führt das Schicksal sie 1872 zu der jungen Sally, die eine Waise ist. Anders als Ursula ist Sally nicht sehr gewitzt, sondern eher ruhig und in sich gekehrt. Ängstlich und dankbar wird sie zur Reisebegleiterin Ursulas.

Neben Ursula und Sally, die die tragenden Rollen in diesem Roman haben, gibt es noch eine Menge an anderen Charakteren, deren Handlungsstränge anfangs nichts mit denen von Ursula und Sally gemein haben. Erst im Nachhinein wird klar, dass der rote Faden sich durch all diese Leben zieht und sie zusammenbündelt. 

Da die Autorin sehr gewitzt und leicht schreibt, macht es einem als Leser nichts aus, sich durch die Handlung tragen zu lassen. Eine nennenswerte Spannung gibt es hier nicht, jedoch folgt man gerne Ursula und Sally, da beide angenehme Charaktere sind. Besonders Ursula ist eine sehr schrille Figur, deren Gedanken mich oft zum Lachen gebracht haben. Die große Charakterentwicklung legt Sally hin, zwar nicht so, wie ich es gedacht hätte, aber dennoch überzeugend. Auch die anderen Charaktere sind immer wieder durch Sprüche gut zum Schmunzeln, die Interaktion zwischen den Charakteren liest sich wunderbar lebensecht und keineswegs gekünstelt.

Die Schreibweise der Autorin ist sehr malerisch, ohne dabei zu ausführlich zu werden. Manche ihrer Sätze klingen schon fast wie kleine Gedichte, die dem Leser auf der Zunge zergehen. Obwohl sie das Leben vom neunzehnten Jahrhundert schildert und man ihr glaubt und das Bild des Zeitalters im Kopf des Lesers entsteht, schafft sie es nicht trocken zu schreiben. Ab und zu verwendet sie einige indirekte Reden, auf die sie auch hätte verzichten können, doch das ist nur eine Nebensächlichkeit.

Gegen Ende hin, als alles zusammenläuft und die Handlung aufgelöst wird, greift sie zu einer Methode, die einige Autoren sehr gerne machen und die mich sehr, sehr aufregt. Hier wird zurückgerudert und ein Teil einer Charakterentwicklung zerstört, die mir besonders gut gefallen hat. Schade, denn darauf hätte man getrost verzichten können.

In der Kürze liegt die Würze: 

Ein historischer Roman, der sich nicht wie ein historischer Roman liest; sehr flüssige Schreibweise; interessante und gewitzte Charaktere; Achtung: keine pure Spannung; nicht vollkommen überzeugende Auflösung

Bewertung: 

Einen Antagonisten hat es in dieser Geschichte nicht, den Charakteren werden auch keine Steine in den Weg gestellt, wie man es als Leser eigentlich gewöhnt ist. Stattdessen hat man das Gefühl, einfach irgendwelche Leute eine Zeit lang zu begleiten. Es gibt Bücher, die der Seele guttun und das ist solch ein Buch, daher ♥♥♥♥ Herzchen.