Rezension

Etwas enttäuschend

Das glückliche Geheimnis -

Das glückliche Geheimnis
von Arno Geiger

Bewertet mit 2 Sternen

          Ich habe zwei Bücher von Arno Geiger mit großem Interesse und Gewinn gelesen: „Der alte König im Exil“ und „Unter der Drachenwand“. Deshalb war ich sehr gespannt auf sein neues Buch und nach dem Lesen enttäuscht. Die Leseprobe war vielversprechend: Ein angehender Schriftsteller wühlt  im Altpapier nach brauchbaren Büchern und nach persönlichen Zeugnissen wie Tagebüchern und Briefen, um sie literarisch zu verwerten. Darüber hätte ich gerne mehr erfahren. Es folgt dann aber überwiegend eine Selbstbespiegelung, die ein Rezensent -vielleicht etwas überzeichnend - als „Nabelschau“ abqualifiziert. In der Tat ist aber das häufigste Wort in dem Bericht  das Personalpronomen „ich“. Die Selbstbespiegelung fällt zum Teil m.E. recht unreflektiert aus. Seine Freundin macht dem Ich-Erzähler (ich weiß nicht, ob „erzählen“ der richtige Begriff ist) Vorwürfe, weil er  mit einer anderen Frau ohne Kondom geschlafen hat. Doch auch in der Rückschau findet er keine selbstkritischen Worte.
Die Beziehung zu seiner Freundin und späteren Frau nimmt einen breiten Raum in der Darstellung ein, bleibt aber trotzdem an der Oberfläche. Das gilt auch für die Darstellung der Beziehung zu seiner Geliebten. Da ist von stundenlangen Telefonaten die Rede, ich weiß aber nicht, worüber sie gesprochen haben könnten.
Ähnliches gilt für die Darstellung seines schriftstellerischen Verfahrens. Gut, man erfährt, dass er seine Menschenkenntnis aus den vielen Briefen und Tagebüchern gewonnen hat. Aber konkretisiert wird das nicht. An einer Stelle ist von einem „Schwarzindien-Projekt“ die Rede, das in eine  Ecke seines Schreibtisches verbannt ist und erst später ausgestaltet wird. Näheres erfährt man nicht. Der kundige Leser weiß, dass es sich bei diesem Projekt um den Roman „Unter der Drachenwand“ handelt, in dem Briefe unterschiedlicher Absender eine wichtige Rolle spielen. Über den Prozess der Entstehung des Romans hätte ich gerne mehr erfahren.
Gelungen immerhin sind einige Reflexion zum „Müll“, dem durch die Verwendung in Literatur eine neuenFunktion zugewiesen wird, bevor er wieder Müll wird.
Arno Geiger stellt an seine schriftstellerische Tätigkeit den Anspruch, ein „Kunstwerk“ zu schaffen. Mit „ Das glückliche Geheimnis“ ist das in meinen Augen nicht gelungen.