Rezension

Etwas ist faul im Staate Dänemarks

Ich, Ophelia - Lisa Klein

Ich, Ophelia
von Lisa Klein

Bewertet mit 2 Sternen

Das beste an diesem Buch ist die Idee. Wer könnte sie gewesen sein, die verhuschte Ophelia, die durch Shakespeares Hamlet geistert? Hier bekommt sie ein Gesicht und eine Geschichte.
 

Ophelia ist Hofdame am dänischen Hof, es ist 1601, als Prinz Hamlet ein Auge auf sie wirft und das Schicksal seinen Lauf nimmt. Sie ist klug und schlagfertig, eine Leseratte, die weiblichen Tugenden, die das Hofzeremoniell fordert, liegen ihr nicht. Lieber stöbert sie in einer Enzyklopädie über Pflanzenheilkunde. Hamlet verschlägt ihr allerdings die Sprache. Sobald er auftaucht, wird sie zum stammelnden Mäuschen.

Die Idee ist gut, die Umsetzung leider etwas flach geraten. Anfangs rast die Handlung dahin, Ereignisse überstürzen sich und nehmen keine Rücksicht auf Logik. Königin Gertrud sieht der kleinen Ophelia einmal kurz in die Augen, schon zieht sie in den Palast ein. Hamlet sehen und lieben ist eins. Hier muss man die Dinge nehmen, wie sie sind, für Entwicklungen ist keine Zeit.
Dafür bricht das actionreiche Drama etwa 100 Seiten vor Schluss einfach ab und man bedenkt ausführlich die Vor-und Nachteile des Klosterlebens.

Auch der Erzählstil ist denkbar schlicht, hat aber immer wieder Ausreißer der schwülstigen Art bis hin zu glücklos poetischen Versuchen:

„ Die Schreie hallten von den Mauern wider, als würde eine Horde von Dämonen aus dem Stein kreischen.“

"Ich stelle fest, dass Schreiben für mich ist, als würde ich Blutegel an meinen Geist legen, die seine Traurigkeit heilen und ihm die Säfte entziehen, die mir den Verstand vernebeln."

"Wie der bleiche Mond schwinde ich dahin, müde, den Kummer der Welt mitanzusehen, und nehme wieder zu, trage die Last des Lebens."

Dieses Buch kann man an jeder beliebigen Stelle aufschlagen und man findet Ersprießliches. Die Dialoge zwischen Ophelia und Hamlet plänkeln von Plattitüde zu Plattitüde. Man könnte es komisch finden, wäre es nicht so traurig.

Ich fand das Lesen dieses Buches zu großen Teilen qualvoll. Es gibt einen Stern für die gute Idee und noch einen für den spannenden Mittelteil, aber mehr kann ich dem Werk nicht abgewinnen.

Der Rest ist Schweigen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 29. November 2018 um 17:25

"keine Rücksicht auf Logik", haha. Was für tolle Zitate. Ich müsste sie in meinen Sprachschatz aufnehmen, besonders die aus den Steinen brüllenden Dämonen!

Was heute alles so verlegt wird. Muss man dafür mit dem Verleger befreundet sein? (denkt man).