Rezension

"Extreme Makeover", so der Originaltitel

Die Formel - Dan Wells

Die Formel
von Dan Wells

"Extreme Makeover" ist der Originaltitel des Buches und kommt dem Inhalt dieses Sifi-Thrillers, der aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski übersetzt wurde, wesentlich näher. Denn was Lyle Fontanelle da im Labor in New York entwickelt hat, sollte eine Anti-Aging-Handlotion werden, die die Collagenproduktion anregt und sogar Narben verschwinden lassen soll. Die ersten Tests an Probanden scheinen gut zu laufen, nur einer der Versuchsteilnehmer erscheint nicht zum zweiten Termin.
Alle Bedenken Lyles über Bord werfend, will die Kosmetikfirma NewYew das Produkt auf den Markt werfen. Unerwartet schnell treten dann weitere Probleme auf. Lyle erkennt, dass das Produkt mit dem eingebauten Retrovirus, anfängt, die DNA der Benutzer zu überschreiben. Prima! Schnell ersinnt sich NewYew neue Werbeslogans, verheimlicht der Gesundheitsbehörde die wahren Zutaten des Teufelszeugs und ist sich sicher, mit dem innovativen Schönheitsmittel mit Jungbrunnenfunktion die Welt erobern zu können.
Lyle recherchiert und findet heraus, dass der verschwundene Tester verstorben ist und seine Assistentin, die auch mit der Lotion in Berührung kam, darniederliegt und sich gerade von einer attraktiven Frau in einen Mann verwandelt. Auch die anderen Probanden beschweren sich über merkwürdige Veränderungen.

Nicht nur dem brillanten Tüftler Lyle, auch dem Leser schwant Übles. Die kurzen 62 von insgesmat 64 Kapiteln zählen nämlich die 267 Tage bis zum Weltuntergang (die Welt geht übrigens nicht unter, wenn, dann geht die Menschheit unter) und damit auch niemand zweifelt, gleich in Fettdruck. Und weil das eine verdammt kurze Zeit ist, passiert auch viel auf einmal. Da kann es auch vorkommen, dass nach nur einem Tag die Frau des Firmenvorstands sich schon für eine jüngere, hübsche Version ihrer selbst entschieden hat, während ihr Mann noch überlegt, welche Möglichkeiten ihm offenstehen. Da werden kluge Gedanken gedacht und gleich im nächsten Satz über Bord geworfen. Da treten Konkurrenzfirmen auf den Plan, das Militär, unser Autor himself und kurz vor der Apokalypse selbstverständlich auch die letzten 20 Länder der Welt, die sich tatsächlich nach all den vergeblichen Jahrzehnten von einem Treffen in der UNO eine Lösung erhoffen. In diesem schlichten, schlanken Gebäude am East River findet dann auch praktischerweise der Showdown statt. Es wäre das Ende für alle gewesen, aber wichtige Leute haben immer abfahrbereite Boote in der Nähe und einen Plan B zur Hand (James Bond lässt grüßen).
Wie gesagt, das Chaos ist angerichtet und jeder Rettungsversuch ausgeschlossen. Die DNA verändernde Substanz ist ins Trinkwasser geraten, inzwischen laufen 10.000 Lyles durch die Gegend. Zeit für religiöse Anfüherer, den Leuten das Ewige Leben zu versprechen... was ja auch ein angenehmer Nebeneffekt ist. Witzig sind die vielen Doppelidentitäten, die Verwandlungen von Mann zu Frau und umgekehrt, die teilweise, amüsanten Dialoge und dieses gegenseitige Misstrauen, wer das Gegenüber denn nun wirklich ist und was vor allem dessen Absichten sind. Das bringt nicht nur Farbe ins Sprachbild, sondern ist auch Sudoku fürs Hirn.

Allerdings sollte man nicht allzu lange über Biochemie und Virologie nachdenken (ein Herr Drosten wäre entsetzt), vielmehr sollte man die Namensgebungen der Protagonisten und Anwendungsmöglichkeiten der Handlotion genießen, weniger der Science und mehr der Fiction in diesem zugegebenermaßen spannenden Roman folgen, dann hat man den Mehrwert in dieser Geschichte extrahiert. Denn die Idee und Intention zu diesem Roman sind durchaus eine Story wert, das Vorwort ließ Großes ahnen, die Danksagung unterstrich die gute Absicht, dazwischen waren mir persönlich zu viele Stereotype und hormongesteuerte Action. Trotzdem ein Daumen auf Dreiviertelmast.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 19. Januar 2023 um 09:50

Wieviele Sterne ist dir dieses Machwerk wert gewesen - wo mich schon beim Lesen der Rezension Schwindel befiel?

Emswashed kommentierte am 19. Januar 2023 um 10:22

Oh, ich war mir sicher 4 Sterne geklickt zu haben... aber es war schon spät.

Emswashed kommentierte am 19. Januar 2023 um 10:25

Ähm, und im nachhinein scheint es nicht mehr möglich zu sein. Komisch das!!

wandagreen kommentierte am 19. Januar 2023 um 11:13

Oho, vier ... ich hätte mal auf one getippt.

Ja, das hab ich auch schon erlebt, dass man im Nachhinein keine Sterne mehr zum Leuchten bringen kann - sie sind wahrscheinlich in der Zwischenzeit erloschen.

Emswashed kommentierte am 19. Januar 2023 um 16:13

Na ja, gut unterhalten wird man ja und einige Aspekte von Was-wäre-wenn werden auch beleuchtet. Die Idee war nicht schlecht.