Rezension

Familiengeschichte

Torstraße 1 - Sybil Volks

Torstraße 1
von Sybil Volks

Bewertet mit 4.5 Sternen

Den Rahmen der Erzählung bildet die Eröffnung des Privatclubs Soho in der Torstraße 1 in Berlin im Jahr 2009. Dort treffen sich die Protagonisten Elsa und Bernhard. Genau 80 Jahre zuvor wurde Elsa in der Poststelle eben dieses Gebäudes – damals das „Jonass“, das erste Kreditkaufhaus des Ostens –von Vicky als uneheliches Kind des Sohnes des jüdischen Kaufhausbesitzers zur Welt gebracht. Geburtshelfer war der Bauarbeiter Wilhelm, der zur gleichen Stunde Vater von Bernhard wurde.

Zurückgeblendet wird auf die Eröffnungsfeier des „Jonass“ im Jahr 1929. Wir erleben fortan chronologisch seine wechselhafte Geschichte  und die der in ihm tief verwurzelten und miteinander verbundenen Familien von Elsa und Bernhard. Etappen sind der Beginn der Weltwirtschaftskrise, die Machtergreifung der Nationalsozialisten, der Zweite Weltkrieg, die Nachkriegszeit, die Teilung Berlins und Deutschlands, der Fall der Mauer.

Für mich war es ein wunderbarer Roman, der alle wichtigen geschichtlichen Ereignisse Deutschlands im 20. Jahrhundert in der dem Umfang des Buches geschuldeten Kürze thematisiert. Zugleich ist es eine Saga über zwei Familien, deren Mitglieder die vielfältigsten politischen und weltanschaulichen Ansichten haben. Bei allem appelliert der Roman an das Gefühl. Ist er doch auch zugleich ein Liebesroman, der die unerfüllten Lieben zwischen Vicky und Elsas Vater Harry, Vicky und Wilhelm sowie Elsa und Bernhard behandelt.

Ungewöhnlich ist der Aufbau des Buches. Die Geschichte wird aus den wechselnden Perspektiven von  Elsas und Bernhards Familien erzählt. So wird der Leser allumfassend informiert, zumal oft unterschiedliche Betrachtungsweisen gleicher Dinge erfolgen. Gewöhnungsbedürftig sind die Zeitsprünge. Innerhalb eines Kapitels werden oft etliche Jahre abgearbeitet. Letztlich aber verständlich, werden doch 80 Jahre auf 396 Seiten erzählt.

Lobenswert hervorzuheben ist noch das Cover, das die gelernte Fotografin Elsa mit Kamera in der Hand und einem eingearbeiteten Schnappschuss des „Jonass“ zeigt.

Ein Buch, das ich nur empfehlen kann.