Rezension

Fast eine Nacherzählung des ersten Teils - nur mit sympathischeren Protagonisten

Schattenwandler 02. Gideon - Jacquelyn Frank

Schattenwandler: Gideon
von Jacquelyn Frank

Klappentext:
Seit tausend Jahren dient der Schattenwandler Gideon seinem Volk als Heiler und wurde stets für seine Weisheit und Besonnenheit geachtet. Doch er verfiel Magdalegna, der Schwester des Dämonenkönigs, und bedrängte sie mit seiner Leidenschaft. Beschämt über seinen Mangel an Beherrschung zog sich Gideon von seinem Volk zurück. Als jedoch Nekromanten Magdalegnas Leben bedrohen, muss Gideon erneut ihr Vertrauen gewinnen, um sie und sein Volk zu retten...

Einordnung:
- Jacob (Teil 1)
- Gideon (Teil 2)
- Elijah (Teil 3)
- Damien (Teil 4)
- Noah (Teil 5)
- Adam (Teil 6)

Rezension:
Kann Spoiler bezüglich des ersten Teils enthalten!
Ich finde es recht witzig, dass sich Teile des Klappentextes gar nicht auf das Buch, sondern auf den vorherigen Band beziehen. Ja, die Bedrohung der Dämonen durch Nekromanten – Menschen, die sich schwarzer Magie bedienen – ist noch immer real, allerdings wurde Magdalegna selbst ganz explizit im letzten Teil bedroht, als sie abberufen wurde. Sie kehrt allerdings schon vor Ende des Buches zu ihren Freunden zurück. Nichtsdestotrotz ist diese Erfahrung nicht spurlos an ihr vorbei gegangen, sodass sie Gideons Hilfe durchaus auch in diesem Buch noch brauchen kann.
Grundsätzlich gefällt mir dieser Teil schon besser, weil ich die beiden Hauptcharaktere sehr mag. Sowohl die Geistdämonin Magdalegna, genannt Legna, als auch der Körperdämon Gideon sind als Nebencharaktere schon im ersten Buch aufgetaucht. Die Autorin hat die unterschwelligen Andeutungen, dass es möglicherweise schon einmal intimen emotionalen oder sexuellen Kontakt zwischen den beiden gegeben hat, in diesem Buch aufgegriffen und weiter ausgebaut.
Obwohl diese Beziehung im Gegensatz zu Jacobs und Isabellas aus dem ersten Buch nicht verboten ist, ist sie deshalb nicht weniger kompliziert. Gideon als Urältester ist bereits tausend Jahre alt und hat so von Geburt an Legnas gesamtes Leben mitbekommen. Dass der Dämonenkönig Noah nicht nur Legnas Bruder, sondern auch Gideons Patenkind ist, macht sie fast zu einer Art Tochter für ihn – bis die Gefühle auftauchen. Es ist für beide nicht leicht, mit den aufkeimenden Gefühlen umzugehen. Deshalb gefällt es mir sehr gut, dass sie nicht bei der ersten Gelegenheit übereinander herfallen und bis ans Ende ihrer Tage gemeinsam glücklich sind.
Trotzdem muss ich sagen, dass der Anfang mir viel zu schnell ging. Die frostige Stimmung aus dem ersten Buch habe ich noch gut im Kopf gehabt. Legnas Abneigung konnte ich dann auch nachvollziehen, als in einem Rückblick in die Vergangenheit geschildert wird, wie Gideon sie bei ihrem ersten intimen Kontakt weggestoßen und als Kind beleidigt und gedemütigt hat. Also habe ich mich darauf eingestellt, dass es ein langer, schwerer Kampf um ihre Liebe werden würde. Stattdessen sind sie schon nach einem Viertel des Buches aufeinander geprägt – so eine Überraschung – und können sich in aller Ruhe ihrer unbändigen Lust widmen. Gott sei Dank ist Gideon wenigstens nicht immer so krankhaft eifersüchtig wie es Jacob immer noch ist.
Allerdings bleibt so auch eine Menge mehr Platz für andere Handlungsstränge. Neben zahlreichen Dämonen lernt der Leser nun auch den Vampirprinz Damien und Siena, die Königin der Lykathropen, kennen. Der Grund dafür ist ein Mordanschlag auf Isabella und ihr ungeborenes Kind. Da der Attentäter nicht auf frischer Tat ertappt wird, gibt es viele Verdächtige. Zum einen die weiteren Spezies der Schattenwandler, zum anderen aber auch die Nekromanten, mit denen sich die Dämonen schon im ersten Teil herumschlagen mussten. An dieser Stelle wird der buchübergreifende Handlungsstrang weiter aufgebaut, denn die Nekromanten sind offenbar in einer Gesellschaft organisiert, die es zu zerstören gilt.
Da neben der leidenschaftlichen Liebesgeschichte nicht mehr auch noch unzählige Dinge erklärt werden müssen, tritt das Genre Fantasy hier mehr in den Vordergrund als im ersten Buch. Es geht nicht mehr hauptsächlich um den Sex, sondern die Szenen, die tatsächlich wichtige Handlung enthalten, werden einfach aus Legnas oder Gideons Perspektive geschildert. Durch das jahrhundertelang angesammelte Wissen ist besonders letzteres immer wieder interessant. Es entsteht tatsächlich Spannung, ich habe um die Charaktere gebangt und darum, ob sie den Attentäter finden. Auch die Angst, dass einer meiner Lieblingscharaktere von den Nekromanten abberufen wird, war immer da.

Fazit:
Obwohl die Grundstruktur des Buches dem ersten Band ziemlich ähnlich ist, gefällt es mir besser. Die Protagonisten sind sympathischer und um einiges entspannter. Außerdem entwickelt das Buch diesmal sogar Spannung. Die Autorin hat deutlich mehr Wert auf die fantastischen Elemente und vor allem die buchübergreifenden Handlungsstränge gelegt. Leider geht mir der Beginn des Buches viel zu schnell und an einigen Stellen ist es so parallel zum ersten Teil aufgebaut, dass ganze Szenen bloß mit anderen Namen auch im ersten Band hätten vorkommen können. Dabei wäre es wirklich nicht schwer gewesen, die Liebesgeschichte ein klein wenig anders zu gestalten. Trotzdem bekommt „Gideon“ aber vier Schreibfedern von mir.