Rezension

Faust meets Orpheus

Der Gentleman - Forrest Leo

Der Gentleman
von Forrest Leo

Bewertet mit 4 Sternen

„Ich hatte nie vor zu heiraten – vielmehr hatte ich vor, nie zu heiraten. Ich bin nicht für die Ehe geschaffen. Mein Geist ist nicht heiratsfähig, und ich komme aus keinem heiratsfähigen Stall. Meine Eltern starben an ihrem Hochzeitstag, falls Sie verstehen.“

Das sagt der berühmte Dichter Lionel Savage über sich selbst, der sich gezwungen sieht, zu heiraten, weil es 1850 in London keine standesgemäße Alternative gibt, seine finanziellen Probleme zu lösen. Leider löst diese Vernunftsehe bei Lionel eine Schreibblockade aus, die ihn zum Verzweifeln bringt. Sein Leben ist vorbei.
Unglaublich komisch wird hier eine Tragödie geschildert, die nahezu absurde Formen annimmt, als auch noch ein freundlicher Gentleman auftaucht, der behauptet, der Teufel zu sein, was nicht so bedrohlich wäre wie es klingt, und dem Lionel sein Leid klagt. Als kurz darauf seine Frau verschwindet, hat Lionel ein echtes Problem. 

Dieses Buch verquickt genial und unterhaltsam unterschiedlichste klassische Elemente zu etwas Neuem, das fast wie eine moderne Faust-Kömödie in der viktorianischen Zeit wirkt. Faust meets Orpheus, bedient sich dabei an Ränkespielen in bester Shakespeare-Manier, spickt sie mit Moliere Figuren, die eigenartigen Dickens-Charme versprühen und so englisch sind, dass es fast staubt. Ein großer Spaß. 
Cousin Hubert, der Herausgeber des Buches, wirft bei jeder Gelegenheit despektierliche Kommentare ein, was die Farce dann auf die Spitze treibt. Man kommt kaum zum Luftholen. 
Bisweilen ist Lionel ein wenig zu weitschweifig, wenn auch trotzdem unterhaltsam.

„Der Gentleman“ ist ein wunderbar unterhaltsames Buch, sehr verrückt und auf moderne Art altmodisch-gediegen-britisch. Mir hat es gefallen.