Rezension

Französische Geschichte

Katharina von Medici - Sabine Appel

Katharina von Medici
von Sabine Appel

Bewertet mit 4 Sternen

Hm. Als Biografie war mir das hier zu wenig. Aber ich hab ganz viel nicht gewusst, von dem, was S. Appel mir erzählt hat. Von daher war es natürlich kein schlechtes Buch.

Die Autorin beschreibt sprachlich kunstfertig und detailreich die Begebenheiten des 16. Jahrhunderts und zwar vom politischen Standpunkt der französischen Königinmutter her, Katharina von Medici, von Geburt Italienerin aus dem berühmten Medicigeschlecht stammend, verheiratet mit Heinrich von Orléans, geliebte Schwiegertochter des französischen Königs Franz I.

In der Schilderung der Kindheit in Florenz und in den Anfangsjahren in Paris, gelingt es der Autorin, den Charakter der Katharina von Medici herauszuarbeiten, aber bald schon verschwimmen deren Konturen in den vielzähligen, fast unüberschaubar schnell wechselnden Konstellationen und Konflikten des 16. Jahrhunderts und deren Akteuren.

Das Buch ist denn auch eine genaue Darstellung dieser Zeit, eine historische Abbildung von Zusammenhängen und politischem Personal, mit einigen sehr interessanten Abschweifungen, zum Beispiel über die Werke Niccolai Macciavellis.

Doch als Biografie kann „Katharina von Medici“ von Sabine Appel sich nicht an Anka Muhlsteins Interpretationen messen oder an denjenigen Stefan Zweigs, die Charakterstudien par excellence sind.

Als Biografie hätte ich mir mehr Abstand von der Historie gewünscht, mehr Erläuterungen und subjektive Einschätzungen der Autorin und eher eine geschichtliche Zusammenfassung als notwendigen Hintergrund anstelle eines Geschichtsunterrichts, der bis ins letzte Detail geht.

„Katharina von Medici“ von Sabine Appel ist denn auch eigentlich gar keine Biografie. Sondern viel mehr als das, es ist eine lustvolle, detaillierte und sehr bevölkerte Illustration des 16. Jahrhunderts aus der Sicht von Katharina von Medici. Das ist es, was das Buch leistet. Und das macht es gut! So betrachtet sind die vorgenommenen Abschweifungen mal hierhin mal dorthin, auflockernd und amüsant und lehrreich. Auf keine hätte ich verzichten mögen.

Fazit: Als reine Biografie betrachtet ist das Buch schwach auf der Brust. Dagegen ist es eine umfassende Darstellung des 16. Jahrhunderts aus französischer Sicht mit einer Masse an Akteuren, die kennenzulernen posthum, sich lohnt. Auf ihre persönliche Bekanntschaft wäre man in der Mehrzahl der hochwohlgeborenen Männer und Frauen wohl nicht besonders erpicht gewesen.

Kategorie: Sachbuch. Geschichte.
Verlag: Klett-Cotta, 2018
 

Kommentare

Emswashed kommentierte am 02. Dezember 2018 um 10:12

Tja, im 16. Jahrhundert hatten die noch keinen Fernseher und echt viel Zeit für so´n Kuddelmuddel. Davon mal abgesehen, was liest Du denn für Bücher?

wandagreen kommentierte am 02. Dezember 2018 um 14:07

Zur Abwechslung und Entspannung schiebe ich das amüsante Dumplin' von Julie Murphy hinterher und bin wirklich total erheitert. (Meine Interessensgebiete sind halt weit gefächert).

So gesehen haben Film und Fernsehen doch sehr viel zum Weltfrieden beigetragen. Hab ich noch nie so gesehen. Stimmt aber. Und Fussball.

Steve Kaminski kommentierte am 03. Dezember 2018 um 09:27

"Auf ihre persönliche Bekanntschaft wäre man in der Mehrzahl der hochwohlgeborenen Männer und Frauen wohl nicht besonders erpicht gewesen." - Vermutlich! Bei manchen passiert es so schnell, dass man ermordet wird. Katharina - hatte die nicht auch mit der Ermordung Heinrichs IV. zu tun und Blutvergießen an den Hugenotten? Oder bringe ich da was durcheinander?

wandagreen kommentierte am 03. Dezember 2018 um 09:38

Bartholomäusnacht. Jaaawoll. Die Autorin meint, das sei historisch nicht genau zu klären, wer da was initiiert hat. Was einerseits einleuchtend, andererseits enttäuschend (zu lesen) war.

Steve Kaminski kommentierte am 03. Dezember 2018 um 12:29

Ah, danke! Ich erinnere mich - nicht an die Bartholomäusnacht selbst, so weit reiche ich nicht in die Vergangenheit, aber daran, davon gelesen zu haben. Ich habe irgendwann Heinrich Manns beide Bände zu Henri IV. (Jugend und Vollendung) gelesen, die fand ich damals sehr gut. (Würde ich heute vermutlich auch.)