Rezension

Freud und Leid und Familiengeheimnisse

Bei euch ist es immer so unheimlich still -

Bei euch ist es immer so unheimlich still
von Alena Schröder

Bewertet mit 5 Sternen

Worum geht’s? Evelyn hat alles, was sie sich wünscht und ist dennoch nicht glücklich, sie vermisst ihren Beruf. Als Ärztin in den 1950er Jahren ist sie nun an Kind und Küche gebunden und fühlt sich überfordert und auf das Hausfrausein reduziert. Knapp 40 Jahre später kommt ihre Tochter sie aus Berlin besuchen – auf dem Nebensitz in einem Wäschekorb ein 6 Monate altes Baby.

Meine Meinung:

Mit „Bei euch ist es immer so unheimlich still“ setzt Alena Schröder ihre historische Romanserie um Hannah, Evelyn und Silvia fort. Dieses Buch hatte zwar nicht die Spannung nach dem verlorenen Erbe, wie im letzten Buch, auch sind hier die historischen Details etwas weniger breit ausgeführt, sodass es mehr eine Art Familienroman ist, dennoch war es unheimlich mitreißend. Der Schreibstil wieder wirklich schön, die Protagonisten muss man einfach gernhaben und mit ihren Worten hat sie erneut wunderschöne Szenerien und Bilder gemalt. Man kann dieses Buch auch lesen, ohne den Vorgängerband zu kennen, aber ich würde die Lektüre des ersten Romans empfehlen, um schonmal einen Eindruck der Familien zu erhalten.

Hier erleben wir Evelyn in den 1950er Jahren, wie sie als einzige Frau unter Männern in ihrem Traumberuf Ärztin versucht, Fuß zu fassen, bis sie ein Kind bekommt und zur Hausfrau wird. Und Silvia, Evelyns Tochter, die im ersten Buch eine eher untergeordnete Rolle hatte, kommt hier auch zum Zug. Mit ihr erleben wir das Berlin kurz vor der Grenzöffnung und bekommen ein bisschen mit von dem Leben in einer Hausbesetzer-WG und wie sie versucht, als alleinerziehende Mutter klarzukommen.

Wie gesagt, so richtig ins Detail geht Frau Schröder hier mit den historischen Hintergründen nicht. Aber mir waren die Charaktere noch aus dem ersten Buch im Hinterkopf und ich mochte einfach alle, sodass es schön war, an deren Leben im jeweiligen Jahrzehnt anzuknüpfen und sie weiter begleiten zu dürfen. Hier haben wir zwei starke Frauen, die versuchen, ein Kind großzuziehen und merken, dass es hierfür wirklich ein Dorf braucht. Wir erleben ein bisschen Drama, die Angst, als Frau zu versagen oder nicht zu genügen, aber auch schöne Momente und ja, ich habe mich beim Lesen wohlgefühlt und bin noch tiefer in das Familienleben von Evelyn und Silvia, aber auch von Hannah hineingekommen. Und eine Stelle gibt es, als Evelyn ihre Wohnung entrümpelt, an dem die Kommode aus dem ersten Teil vorkommt. Ob sie wohl das Bild des Vermeer aus dem ersten Roman finden werden?

Was jetzt noch fehlt, ist ein Ausflug nach Rio zu Senta. Im ersten Buch hatte Hannah sich ja in einen Flieger dorthin gesetzt und in diesem Buch haben wir die Briefe von Senta an Evelyn gelesen. Jetzt würde ich zu gerne wissen, wie es ihr und ihrem Mann Julius dort ergangen ist, vielleicht erzählt uns das die Autorin ja in ihrem nächsten Buch?

Fazit:

In Alena Schröders Roman „Bei euch ist es immer so unheimlich still“ treffen wir Evelyn, Silvia und Hannah aus ihrem ersten Roman wieder und knüpfen dort an, wo wir aufgehört haben. Es hat mir Spaß gemacht, in die Vergangenheit zu reisen und alle wiederzusehen. Wir haben hier weniger historische Details, dafür aber umso mehr Familienmomente und es war ein schönes Buch. Ich habe mich beim Lesen wohlgefühlt mit den Familien, dem typischen Familiendrama, den Freuden und dem Leid. Und ich freue mich schon sehr auf das nächste Buch der Autorin, vielleicht dürfen wir dann Senta und Julius nach Rio folgen und erleben, wie es den beiden dort ergangen ist?

5 Sterne von mir!