Rezension

Freunde & Familie

Vatermal -

Vatermal
von Necati Öziri

Schon auf den ersten Seiten des Buches erfahren wir, dass Protagonist Arda im Sterben liegt. Er schreibt nämlich einen Abschiedsbrief an seinen Vater, der die Familie verlassen hat, als Ardas Mutter mit ihm schwanger war und den Arda daher nie kennenlernen konnte. So erfahren wir einiges über Ardas kurzes, aber ereignisreiches Leben, das vor allem von seinem Migrationshintergrund, aber auch von seinen Freunden und seiner Familie geprägt war. Außerdem bekommen wir die Sichtweisen von seiner Mutter und seiner Schwester zu hören, die seit Jahren nicht mehr miteinander geredet haben und selbst ihre eigenen Päckchen tragen müssen.

Zu Beginn der Lektüre war ich von "Vatermal" noch gar nicht begeistert. Das Erzähltempo beginnt eher ruhig und hat wirklich Probleme zu erahnen, wo es inhaltlich hingeht. Da dies doch länger andauerte, hat das Buch da einen Stern Abzug von mir bekommen.

Als die Geschichte dann jedoch so richtig in den Gang kam, wurde sie auch schnell zu einer spannenden Familiengeschichte, wie ich sie gerne lese. Die Menschen in Ardas Kosmos haben alle unheimlich interessante, aber natürlich auch teilweise erschreckende Schicksale. Öziri macht meiner Meinung besonders deutlich, wie sich diese gegenseitig beeinflussen und wie man erkennen kann, warum eine Person so handelt, wie sie es tut, wenn man erst ihre Geschichte kennt. Gerade generationsübergreifende Traumata sowie wie man sie eventuell überwinden kann, werden hier eindrucksvoll dargestellt. Auch das System von Freunden als "Chosen Family", aber auch die Fragilität dieses Systems, spielen in dieser Geschichte eine besondere Rolle.

Wer wie ich Fan von gut geschriebenen Familiengeschichten ist und gern in die (fiktionalen) Lebensgeschichten anderer eintaucht, wird mit etwas Geduld sicher viel Freude an "Vatermal" finden.