Rezension

Ganz großes Kino!

Der Kopf des Korsen - Jean Renard

Der Kopf des Korsen
von Jean Renard

Bewertet mit 5 Sternen

"Der Kopf des Korsen" von Jean Renard führt seine Leser nach Frankreich, genauer gesagt nach Paris und Korsika. Jacques Andreotti ist Polizist in Paris, tritt dem dortigen Paten der Mafia zweimal gehörig auf den Fuß. Mehr durch Zufall ist er für den Tod dessen Sohn verantwortlich und stellt einen Undercoverermittler bloß. Klar dass das nicht ungesühnt bleiben kann, auf Jacques und seinen Kollegen wird ein Kopfgeld ausgesetzt.

So werden Jacques Andreotti und der enttarnte Ermittler Andrea Lefevre kurzerhand nach Korsika verfrachtet, streng geheim, wo sie als Sonderermittler den Mord an einem Polizisten aufklären sollen. Jacques ist Korse, seine Schwiegermutter lebt auf der Insel, seine Tochter Cécile verbringt noch ihre Ferien auf Korsika und trotzdem hält sich seine Begeisterung stark in Grenzen. Dazu kommt, dass Lefevre ihm übel nimmt, dass er aufgeflogen ist, die beiden so unterschiedlichen Männer verbindet nur die gegenseitige Abneigung zueinander. Auf Korsika angekommen versuchen sie das beste aus der Situation zu machen und geraten bei ihren Ermittlungen zwischen die Fronten zweier seit Jahrzehnten verfeindeter Clans.

Was für ein genialer Krimi! Jean Renard hat hat einen unglaublich detaillierten und atmosphärischen Schreibstil, man merkt beim lesen dass sich der Autor sehr gut in Korsika auskennt und ihn viel sowohl mit der Insel als auch den Menschen dort verbindet. Ich war noch nie auf Korsika, hatte beim Lesen aber Kopfkino. Seien es die kleinen malerischen Dörfer, die engen gewundenen, manchmal gefährlichen Straßen, die Strände und die wunderbaren Sonnenuntergänge oder die Flora und Fauna, alles habe ich vor meinem inneren Auge gesehen. Fast ist es wie ein Kurzurlaub auf Korsika, so tief konnte ich beim lesen in die Story eintauchen. Aber nur fast - denn die Handlung ist alles andere als Urlaubsfeeling.

Jaques ist persönlich problembelastet, leidet immer noch unter dem Unfalltod seiner Frau, obwohl dieser schon viele Jahre zurück liegt. Das Verhältnis zu seiner Schwiegermutter ist gelinde gesagt frostig bis feindselig und seine Tochter Cécile ist auch nicht wirklich begeistert, für längere Zeit auf Korsika festzusitzen. Dazu kommt die unterschwellige Feindschaft von Andrea, der sich selbst und auch Jacques beweisen will dass er der bessere Cop ist. Doch auch Andrea trägt sein Päckchen an Problemen mit sich herum, die durch seine Kindheit begründet sind.

Man lernt eine Vielzahl an Personen kennen, was aufgrund der hervorragend ausgearbeiteten Charaktere aber zu keiner Zeit ein Problem war. Wenn ich bei anderen Büchern manchmal nahe dran bin den Überblick zu verlieren, so war das hier definitiv nicht so. Ein jeder, auch noch die kleinste Nebenfigur hat Persönlichkeit, Wiedererkennungswert und einzigartige Chartereigenschaften. Seien es die Freunde von Jacques, Roland und Marianne, die in Calvi eine Tauchstation betreiben, der deutsche Polizist Karl-Heinz Kurtz, Laporte, der Präfekt von Bastia oder die Mitglieder der jeweiligen Clans. Hervorzuheben ist der lokale Polizist Pepin, der so wunderbar getroffen ist. Es finden sich hier einige schrullige Chraktere darunter, die die Story so besonders machen.

Die Handlung ist in sich stimmig und gut durchdacht. Sie ist temporeich und absolut nicht vorhersehbar. Ich hatte das Gefühl dass ständig etwas passierte und es neue Wendungen gab, im letzten Drittel des Krimis ist es einfach nur noch spannend. Ein finaler Showdown gibt den krönenden Abschluss... doch nein, den gibt es dann doch noch im Epilog.

Fazit: "Der Kopf des Korsen" ist ganz großes Kino. Er zählt zu meinen Krimihighlights des Jahres, punktet mit Spannung, aber auch mit Humor und Situationskomik vom Feinsten dursetzt mit feiner Ironie. Mit detailliert gezeichneten Charakteren und einer fesselnden Handlung mit einigen überraschenden Wendungen. Ich kann das Buch wirklich nur wärmstens empfehlen, es ist ein Krimi den man sich nicht entgehen lassen sollte.