Rezension

Ganz tolle Fortsetzung!

Die Entführung der Delia Wright - Lyndsay Faye

Die Entführung der Delia Wright
von Lyndsay Faye

Bewertet mit 5 Sternen

Zum Inhalt

Sechs Monate nachdem Timothy Wilde mehr oder weniger freiwillig der neu entstandenen Polizeigruppe im New York des Jahres 1846 beigetreten ist, gibt es einen neuen, Aufsehen erregenden Fall.
Timothy Wilde ist mittlerweile zum "Sonderermittler" aufgestiegen und hat ein kleines, aber immerhin eigenes Büro in den Tombs, dem Hauptquartier. Just am 14. Februar, am Valentinstag, kommt Mrs. Lucy Adams völlig aufgelöst zu ihm: ihre Schwester Delia und ihr Sohn Jonas sind verschwunden. Doch handelt es sich hier nicht einfach um eine Entführung - Lucy und ihre Familie stammen von Farbigen ab und das bedeutet, dass sie Sklavenjägern in die Hände gefallen sein könnten. Rasches Handeln ist gefragt, so dass Timothy sogar seinen Bruder Valentine um Hilfe bittet. Doch damit spielt er ganz anderen Kreisen in die Hände und ein Mord bringt den demokratischen Parteifreund Valentine in große Schwierigkeiten ...

Meine Meinung

Das Cover ist wieder wunderbar gelungen und ist ähnlich, nur in anderen Farben, wie Band 1 gehalten. Die Autorin lässt auch hier abermals den vom Barmann zum Ermittler aufgestiegenen Timothy Wilde in seiner ganz eigenen Art die Ereignisse erzählen. Nur wenige Sätze werden in der Ich-Perspektive eingestreut, so dass die Erzählung von Timothy noch authentischer wirkt. Auch wenn er hier und da ein bisschen abschweift, wirkt es nicht langatmig, sondern einfach nur interessant, die Facetten des Lebens in New York kennenzulernen.

Timothy Wilde ist ein guter Beobachter und hat sich in dem halben Jahr, seit dem es die Polizeitruppe gibt, gut in seinem neuen Beruf zurechtgefunden. Überzeugt von seinen Prinzipien lässt er auch mal Gnade walten und tritt für die Menschen ein, denen das Leben und die Umstände einfach nur übel mitgespielt haben. Er zeichnet gerne, vor allem, wenn er unter Anspannung steht und versucht, sich damit abzulenken. Timothy leidet sehr unter der Trennung von Mercy Underhill. Auch wenn sie nie ein Paar waren, vermisst er ihre Gespräche und ihre Freundschaft. Auch hat er Hemmungen wegen seinem durch den Brand entstellten Gesicht und Angst davor, dass sich seine größte Furcht, die Abneigung, tatsächlich bewahrheiten könnte.
Trotzdem stürzt er sich mit Feuereifer und seiner ihm eigenen Hartnäckigkeit auf den besonderen Fall und erhält auch tatkräftigen Beistand von seinem Kollegen Mr. Piest, den wir auch schon im ersten Band kennenlernen konnten.

Timothys Bruder Valentine gefällt sich in seiner Rolle als großer Macher in der Partei der Demokraten, doch zu dieser Zeit muss man noch mehr darauf achten, was man tut und sagt - schnell gerät man in eine Schlägerei, bei der nicht selten ein Messer gezogen wird; und es gibt niemanden, der eingreift, eher steht eine anfeuernde Meute drumherum.
Auch der Zusammenhalt in der noch frischen Polizeitruppe lässt zu wünschen übrig. Viele sind korrupt, neidisch und nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht - doch kaum einer stört sich daran. Selbst die "reichen" oder "höhergestellten" Persönlichkeiten ziehen durch Hurenhäuser, verspielen ihr Vermögen, kassieren am nächsten Tag Schmiergelder, sind Saufbolde und abhängig von Opium - und auch noch Stolz darauf. Sich aber mit einer Farbigen einzulassen ist ein nicht wieder gut zu machender Skandal!

Sehr deutlich wird sich hier mit dem Konflikt der Nord- und Südstaaten zu der damaligen Zeit auseinander gesetzt. Während im Süden die Sklaven wie Vieh gehalten werden, zeigt sich der Norden schon "fortschrittlicher" und es leben freie Sklaven in der Stadt, doch werden sie sehr schlecht behandelt. Es gilt auch als Bürgerpflicht, geflohene Sklaven zu verraten und dem Gesetz zu übergeben, was an jeder Ecke die Sklavenjäger hervorlockt.

Lyndsay Faye hat einen ganz besonderen Schreibstil, der wunderbar in diese Zeit passt. Ab und zu verwendet sie Wörter im Straßenslang, wofür es im Anhang extra eine Tabelle gibt. Ich musste allerdings nie nachschauen, weil immer schlüssig war, was sie bedeuten. Das Buch beschreibt eine wirklich raue, grausame Zeit, in der es oft ungerecht und brutal zugeht und trotzdem hat die Autorin einen gewissen Flair erzeugt, dem ich mich nicht entziehen konnte. Auch gibt es viele kleine Andeutungen, die Spannung erzeugen und neugierig machen. Alles wird sehr anschaulich beschrieben, seien es die Charaktere, die damaligen Lebensumstände oder der Fall, das ganze ergibt ein sehr greifbares Bild und ich konnte mir alles sehr gut vorstellen.

Fazit

Ein sehr guter zweiter Teil, von dem es hoffentlich noch Fortsetzungen geben wird. Authentisch, spannend und mit dem typischen, schonungslosen Charme der damaligen Zeit. Ein spannender Kriminalfall, der mehr als eine Überraschung bereithält.

© Aleshanee
Weltenwanderer

Timothy Wilde Mysteries

1 - Der Teufel von New York
2 - Die Entführung der Delia Wright
3 - The Fatal Flame (original)