Rezension

Neues von den ungleichen Brüdern

Die Entführung der Delia Wright - Lyndsay Faye

Die Entführung der Delia Wright
von Lyndsay Faye

Nach ihrem Umzug nach New York hat sich die amerikanische Autorin Lyndsay Faye für die Stadtgeschichte ihres neuen Wohnorts interessiert und in diesem Zuge auch die Entwicklung des New York Police Departments unter die Lupe genommen. Bisher sind dabei zwei spannende historische Kriminalromane herausgekommen,  die sich zum einen mit diesen Anfangsjahren der New Yorker Copper beschäftigen, zum anderen aber auch einen Blick auf das Leben in diesem Moloch werfen.

Nach „Der Teufel von New York“ liegt nun auch der Nachfolgeband „Die Entführung der Deliah Wright“ vor, in dessen Zentrum wiederum die beiden Brüder Valentine und Timothy Wilde zu finden sind, die allerdings auf verschiedenen Seiten stehen. Timothy ist der Gute, „Copper“ der ersten Stunde mit hohen moralischen Grundsätzen. Valentine hingegen ist gewissenlos und nimmt es nicht so genau mit der Wahrheit, obwohl er ranghöher als sein Bruder ist. Durch seine politischen Aktivitäten ist er in diverse dubiose Geschäfte verstrickt. Sie sind wie Feuer und Wasser, und so ist es kein Wunder, dass es zwischen den Brüdern immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen kommt.

Als am Abend des Valentinstages die Blumenverkäuferin Lucy Adams völlig verstört im Hauptquartier der New Yorker Polizei auftaucht, nimmt sich Timothy ihrer an. Ihr kleiner Sohn und ihre Schwester Deliah sind spurlos verschwunden, und der junge Polizist macht sich auf die Suche nach ihnen. Bei seinen Nachforschungen fördert er Unglaubliches zu Tage. Menschenhändler sind auf der Jagd, die in den Nordstaaten freie schwarze Bürger zuerst entführen und anschließend in die Südstaaten transportieren. Dort verkaufen sie diese dann in die Sklaverei. Schockierend, aber noch schockierender ist die Tatsache, dass diese Verbrecher offenbar von korrupten Politikern geschützt werden…

Es ist ein Schmelztiegel, dieses New York des Jahres 1846, das Lyndsay Faye in „Die Entführung der Deliah Wright“ zum Leben erweckt. Einwanderer aus aller Herren Länder, aber vor allem aus Irland, suchen ihren Platz in einer Gesellschaft, die den Wert des Menschen an seiner Hautfarbe festmacht. Politiker und Verbrecher machen gemeinsame Sache, solange es sich nur finanziell auszahlt. Ehrliche Bürger und Polizisten wie Timothy kämpfen tagtäglich einen schier aussichtslosen Kampf gegen Gier, Korruption und Gewalt.

All dies beschreibt die Autorin verpackt in einen ebenso spannenden wie informativen Kriminalroman, der auch ein gesellschaftliches Panorama des Alltagslebens in New York Mitte des 19. Jahrhunderts beschreibt. Lesen!