Rezension

Gefühlvoll, aber zu wenig Liebesgeschichte

Worte, die leuchten wie Sterne - Brigid Kemmerer

Worte, die leuchten wie Sterne
von Brigid Kemmerer

Bewertet mit 4 Sternen

Brigid Kemmerer ging Ende 2017 wirklich als Neuentdeckung für mich durch die Decke, als ich ihr Jugendbuch „Der Himmel in deinen Händen“ las. Ein deutscher Titel, der unweigerlich an Autoren wie Nora Roberts oder Nicholas Sparks denken lässt. Aber an Kemmerer hat mir vor allem sehr gefallen, dass ihre schriftstellerische Entfaltungskraft weniger von gemütlichen Stereotypen herkommt, sondern dass sie ein tiefes Gefühl mit einfachen Mitteln erreichen kann. „Worte, die leuchten wie Sterne“ ist nun quasi der zweite Band, da wir uns in derselben Welt befinden, mit der Unterschied, dass die anfängliche Nebenfigur Rev nun die Hauptfigur ist. Auf ihn war ich sehr gespannt, da seine angedeutete Vergangenheit bereits auf diesem Minimum sehr reizvoll erschien.

Die intensive Auseinandersetzung mit Rev zeigt schnell, dass die Reize sich bestätigen konnten. Er ist eine sehr komplexe Persönlichkeit, die im Kern sehr empathisch, sensibel und nachdenklich ist. Obwohl er auf solch solide Grundfesten bauen kann, wird er durch seine Dämonen der Vergangenheit in eine Glaubenskrise gestürzt. Dieser innere Konflikt war sehr spannend mitzuverfolgen, weil er eben so authentisch erzählt wurde. Ich habe jedes einzelne seiner Gefühle wunderbar nachvollziehen können und somit wurde er zu einer sehr transparenten Persönlichkeit. Ihm gegenüber steht Emma, die für mich als Leserin neu war. Ich hatte automatisch meinen Blick mehr auf Rev, weil ich ihn so unbedingt kennenlernen wollte, aber es hat sich auch schnell gezeigt, dass Emma im Vergleich auch einfach weniger interessant ist, weil sie viel eindimensionaler war. Sie war als typischer Teenager inszeniert, die gegen ihre Eltern rebelliert und die so störrisch ist, dass sie auch allen anderen Figuren vor den Kopf stößt. Da hilft auch nicht, dass sie als weibliche Gamerin eher ungewöhnlicher ist. Somit war das Gleichgewicht der Protagonisten leider nicht ganz im Gleichgewicht.

Nun ist dieses Jugendbuch ja nicht nur Charakterstudie, sondern beinhaltet auch eine Liebesgeschichte. Da muss ich festhalten, dass die Liebesgeschichte doch eher auf Sparflamme läuft. Rev und Emma erleben ihre Abenteuer viel mehr jeder für sich als zusammen. Die Szenen, die sie aber miteinander haben, sind einfühlsam, süß und echt on point erzählt. Gerade wenn die Szenen so gut sind, wünscht man sich natürlich mehr davon, daher ziehe ich das Fazit, dass „Worte, die leuchten wie Sternen“ ruhig mehr Liebe hätte bieten können.

Die Liebesgeschichte ist zwar zu wenig, verläuft aber von der Handlung her sehr sinnvoll. Daher werfe ich noch einen Blick auf die Einzelgeschichten. Emmas Geschichte war natürlich sehr von ihrer Persönlichkeit geprägt, dennoch habe ich mich in ihrer Perspektive nicht nur geärgert oder gelangweilt, da die Geschichte insgesamt einen guten Spanungsbogen hatte. Revs Geschichte war im Ganzen aber einfach besser, weil er mit den bereits bekannten Charakteren verbandelt ist und weil er einfach die Entwicklung mitmacht, die ich sehen wollte. In beiden Geschichten sind kleine Aspekte nicht ganz rund, aber das fällt nicht schwer ins Gewicht.

Fazit: „Worte, die leuchten wie Sterne“ ist erneut eine ganz tolle Jugendbuchunterhaltung, weil dieser einfühlsame Stil von Brigid Kemmerer erneut durchstrahlt und vor allem in der Figur Rev seine volle Entfaltungskraft findet. Dennoch, so sehr ich Rev auch mag, muss ich dieses Buch einfach einen Ticken schlechter einschätzen als „Der Himmel in deinen Händen“, da auch die Liebesgeschichte schlechter wegkommt. Diese Einschränkungen ändern aber nichts an einer uneingeschränkten Leseempfehlung!