Rezension

Gekonnt gemachter Krimi

Der Sog - ein tödliches Ultimatum
von Jan Flieger

Bewertet mit 5 Sternen

„…Wer ein Boot zu schwer belädt, bringt es zum Sinken…“

 

Ein Mann schwimmt im Meer. Er liebt die Kraftprobe. Doch eine Umkehr ist nicht mehr möglich. Ein Sog zieht ihn nach draußen. Jetzt kommt die Angst.

Schon der Prolog ist ein Beispiel für den exzellenten Schriftstil des Autors. Seine Worte haben mich als Leser mit in den Sog gezogen. Ich spürte die Kraft Anstrengung und konnte die Angst mitempfinden.

Im Mittelpunkt des Buches steht Bennewitz. Zusammen mit anderen lenkt er staatliche Subventionen in die eigene Tasche. In einer anderen Fabrik ist diese Methode gerade aufgeflogen.

Bennewitz will aufhören, doch er kann und darf es nicht. Zu viel steht für andere auf dem Spiel. Dabei ist Bennewitz eher ein schwacher Mensch, ein Getriebener, statt ein selbständig Handelnder.  Zuerst lenkte ihn eine ehrgeizige und bestimmende Mutter, später eine Frau, die nicht genug materielle Werte anhäufen konnte. Nicht umsonst gibt es eine Anspielung auf das Märchen vom Fischer und seiner Frau.

Die Geschichte ist spannend geschrieben. Während auf der einen Seite die Gier wächst, häufen sich andererseits die Anzeichen der Angst.

Der Autor hat sich für einen besonderen Aufbau der Handlung entschieden. Bennewitz sieht nur noch einen Ausweg. Während er sein weiteres Vorgehen plant und die Furcht ins Unermessliche steigt, blendet der Autor immer wieder zurück in die Vergangenheit. So wird das Leben von Bennewitz und den Menschen, denen er begegnete und die Spuren in seinem Leben hinterließen, Episode um Episode vor meinen Augen aufgeblättert. Auch hier bilden Schriftstil und Inhalt eine Einheit. Bennewitz` Gedanken werden kursiv hervorgehoben. Damit wird die Psyche des Protagonisten, sein Getriebensein, verständlich. Ausgefeilte Dialoge und exakte Beschreibung von Orten und Vorgängen zeichnen das Buch aus. Wie obiges Zitat zeigt, beherrscht der Autor den Umgang mit Metaphern und Vergleichen.

Das Besondere der Geschichte aber liegt darin, dass sie in der DDR spielt. Es wird deutlich, dass Mangelwirtschaft und der unbedingte Zwang zur Planerfüllung die Räume für kriminelle Energie schufen. Das Buch wiederspiegelt somit ein Stück DDR-Alltag. Nicht nur das Neuererwesen, was der Autor allgemeinverständlich erklärt, auch der Wartburgkauf sind typische Situationen aus dieser Zeit.

Im Nachwort weist der Autor auf die Entstehungsgeschichte des Romans hin.  

Das Cover mit der Straße, die in den Nebel führt, passt zum Thema.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Dazu haben die fesselnde Handlung, die realistische Schilderung der Zeitverhältnisse und der gekonnte Schriftstil des Autors beigetragen.