Rezension

Gelungene Spiel-Kampagne - mit Drachen

Full Dive -

Full Dive
von Nina Scheweling

Bewertet mit 5 Sternen

Der 16-jährige Jess Adams ist zwar Gamer, aber kein Freund von Action- und Shooter-Spielen. Im aktuellen Spiel knallt er daher nur Yara zu Gefallen ein paar Zombies ab, bevor seine Freundin 800km weit weg ziehen wird. Die Trennung von Yara ist jedoch sein kleineres Problem; denn seine Mutter ist mit ihm und dem älteren Bruder Jaxon in eine bescheidene Plattenbau-Wohnung gezogen, seit der Vater die Familie verlassen hat und keinen Unterhalt mehr zahlt.

In den Medien diskutiert man aktuell über Flüchtende, die Aufstellung einer Europäischen Armee, inclusive einer Sondereinheit „Supersoldaten“, ausgestattet mit Datenhelmen.  Als Jaxon andeutet, er würde mit seinen Gamer-Fähigkeiten in der Rolle von „Prometheus“  immerhin Geld verdienen, heftet sich Jess an seine Fersen, um endlich herauszufinden, wohin der Ältere in letzter Zeit so häufig verschwindet. Der 18-Jährige arbeitet mit einer Clique von Hackern konspirativ an einem brisanten Fall, der  bereits zum Tod eines Aktivisten geführt haben soll. Als die Polizei die Daten der Gruppe beschlagnahmt und Jaxon verhaftet, platzt dessen Plan, mit dem Early Access-Test eines Brain-Computer-Interfaces das große Geld für die Haushaltskasse zu verdienen.  Als auch noch die Mutter ihren Arbeitsplatz verliert, beschließt Jess, der seinem älteren Bruder stark ähnelt, gegen Jaxons ausdrücklichen Wunsch dessen Rolle einzunehmen in dessen geplantem 4-wöchigen True Virtual Reality-Spiel. Das wird sich jedoch als risikoreicher herausstellen als Jess wahrhaben will. Dass  eine Gesichtserkennung ihn als Jaxon akzeptiert, bedeutet nicht, dass er  Mitspieler täuschen kann, denen theoretisch Jaxons Bewegungs- und Entscheidungsmuster vertraut sein könnten. 

Das Spiel, in dem die Elite der Spielentwickler mit mehreren Drachen um Teile eines Siegels ringen muss, erweist sich als mental und körperlich ungeheuer anstrengend. Jess, der sein Avatar u. a. mit den Fähigkeiten „Menschenkenntnis“ und „Reiten“ ausgestattet hat, schlägt sich wacker und lernt wie der klassische Magierlehrling seine Fähigkeiten zu steuern. Als sich herausstellt, dass der entscheidende Algorithmus direkt im Spiel verborgen ist, realisieren die Teilnehmer, dass sie für obskure Geschäftemacher die Kohlen aus dem Feuer holen sollen …

 

Fazit

Nina Scheweling gibt einer atmosphärischen wie abenteuerlichen Spiel-Kampagne durch den Kampf um den Algorithmus eine zusätzliche Ebene. Plötzlich geht es weniger um Jess möglich Entdeckung als um die Mustererkennung, welche Personen eine Rolle als Ermittler, Entwickler, Gamer oder Investor spielen könnten – oder keine davon. Der  Focus des Near Future Thrillers liegt stark auf  dem Spielverlauf und beschränkt sich zumeist auf  Jess und Rumis Erleben. Die etwas schlichte Ausgangssituation, in der ein 16-jähriger unbemerkt  die Rolle seines volljährigen Bruders ausfüllt, und dass  sich die finanziellen Probleme der Familie Adams am Ende märchenhaft auflösen, hat mich als erwachsene Leserin zwar nicht überzeugt, die gelungene Spielkampagne konnte den Mangel jedoch wettmachen, in der sich u. a. mit „Landkarten“ und „Kommunikation“ punkten lässt.

 

Für die Zielgruppe ab 14: überzeugte 5 Sterne