Rezension

Gerade durch die Komplexität grandios!

Tauben im Gras - Wolfgang Koeppen

Tauben im Gras
von Wolfgang Koeppen

Bewertet mit 4.5 Sternen

In seinem Werk "Tauben im Gras" beschreibt Wolfgang Koeppen einen gesamten Tag in der Nachkriegszeit (ungefähr Anfang der 50er) aus der Sicht von vielen verschiedenen Charakteren.

Was anfangs teils wie eine willkürliche Aneinanderreihung von einzelnen Erzählungen wirkt, entpuppt sich als faszinierendes Gesellschaftskonstrukt. Koeppen verbindet den Alltag aller Charaktere durch kleine Details, gemeinsame Veranstaltungen und Begegnungen und schafft somit eine unvergleichliche Struktur. Die Charaktere selbst sind absolut verschieden, ob nun in ihrer Herkunft, ihrer Art oder ihrem Aussehen und Alter, aber in ihrer Art fast alle Anti-Helden.

Inhaltlich zeigt sich sehr schnell, dass es sich um eine kritische Bestandsaufnahme eines zerütteten Landes handelt: Rassismus, Verarmung, neugewonnene Freiheiten, Exzesse und Scheitern - alles findet seinen Platz in dem Gesamtwerk. Diese Abwechslung lässt das Lesen kurzweilig und spannend erscheinen.

Interessant ist auch der erste Gedanke Koeppens, den Roman ohne Satzzeichen zu schreiben, um zu zeigen, dass alles ein Gedanke ist. Dies wurde vom Verlag nicht gestattet, jedoch findet man lange und verwobene Sätze vor, die beim Lesen oft erstmal "verdaut" werden müssen. 

Mir hat der Roman sehr gut gefallen, jedoch ist er durch Koeppens außergewöhnlichen Schreibstil und das Thema gewiss nicht für jedermann interessant.