Rezension

Gesellschaftskritische Lektüre zeigt die Mentalität eines Null-Bock- und Party-Girls mit Kind!

Zum Meer - Kathrin Groß-Striffler

Zum Meer
von Kathrin Groß-Striffler

Bewertet mit 3 Sternen

Es geht um die 20jährige Saskia, die in ihrem Urlaub in Brasilien nach einer turbulenten Partyzeit schwanger wird, nach Deutschland zurückkehrt und ihre Tochter Mia-Sophie zur Welt bringt. Als Kellnerin arbeitet sie und leidet unter ihrem eintönigen, sie beengenden Leben mit ihrer Tochter. Bis sie eines Tages das Kind einfach in ihrer WG den Mitbewohnern überlässt und alleine an die Ostsee abhaut.

Diese Geschichte macht mich tief betroffen! Einerseits sehe ich wie die junge alleinerziehende Mutter mit der Rolle völlig überfordert ist und anderseits nicht bereit ist Verantwortung zu tragen und sich Hilfe zu suchen, die an staatliche Auflagen gebunden ist.

Die Autorin hat die Geschichte aus der Sicht von Saskia geschrieben und dadurch wird man als Leser eindrücklich in Saskias Gedankenwelt eingeführt. Man glaubt, mit ihren Augen die Welt zu sehen, obwohl man ihren Lebenswandel eigentlich ablehnt. Denn Saskia ist ein problematischer Charakter. Sie ist unreif, ichbezogen, bequem, schnell genervt, empfindet für andere Menschen, die ihr helfen keine Empathie und ist voll von Selbstmitleid. Es fällt ihr schwer, Verantwortung für ihre Tochter zu übernehmen und ihr eigenes Leben verantwortungsvoll zu planen. Da steht man als Leser kopfschüttelnd da und sieht zwar die Probleme, versteht aber nicht die Unfähigkeit Saskias, sich zu ändern oder sich mit der Situation zu arrangieren und Hilfe anzunehmen. Sie stösst Menschen, die ihr helfen wollen einfach vor den Kopf, indem sie weiter Drogen nimmt, eifersüchtig den Tagesmüttern das Kind wieder entzieht und den eigenen Vater nur als finanziellen Rettungsanker missbraucht. Ratschläge schlägt sie einfach in den Wind und fordert für sich den größtmöglichen Nutzen von ihren Mitmenschen. Ihr Kind liebt sie zwar, aber auf eine spezielle Weise und nur kurz dauern die Phasen eines schönen Miteinanders. Schnell ist sie gefrustet von dem Quängeln oder Schreien und sieht sich dann nicht in der Lage, ohne Frustration die Situation zu beenden. Eigentlich ist die Tochter das Mittel, um den Kindsvater Raffael wieder an sich zu binden. 

Diese Gefühle und Gedanken werden gut dargestellt. Auch die Sprache ist dem Charakter und der Altersklasse entsprechend gut gelungen. So wie sich die Protagonistin fühlt, so ist auch in der Sprache die Unruhe, innere Gereiztheit und das Wunschdenken Saskias zu spüren. Die Autorin hat hier einen eindeutigen Charakter geschaffen, der allerdings eher die Rolle einer Antiheldin inne hat.

Schnell habe ich mich innerlich gegen die junge Frau eingestellt und an das Wohl der Tochter gedacht. Doch Saskia ist nicht lernfähig, sie gibt sogar die Verantwortung für ihr Kind ganz ab. Sicherlich hat sie ebenfalls eine Persönlichkeitsstörung, die im Buch aber nicht aufgedeckt wurde.  

Gerne hätte ich noch gelesen, wie Saskia ihr Leben in den Griff bekommen  oder zumindest aus ihren Fehlern gelernt hätte. Doch der Leser wird mit der Schilderung dieser Problematik aus dem Buch entlassen. Eine Reflektion Saskias gibt es nicht! Schade, vielleicht wären solche Anreize für Menschen in ähnlichen Situationen hilfreich gewesen. So ist es nur das Aufzeigen von Problemen in unserer Gesellschaft. Daher auch nur 3 Sterne.