Rezension

Großartiger Abschluss der Saga

Das Weingut. Tage des Schicksals - Marie Lacrosse

Das Weingut. Tage des Schicksals
von Marie Lacrosse

Bewertet mit 5 Sternen

„...Durch den zarten Schleier hindurch strahlten Irenes blaue Augen wie zwei funkelnde Saphire. Franz zog sie sanft in seine Arme. Für einen Augenblick versanken sie in einem innigen Kuss. Vergessen waren die schweren Jahre voller Enttäuschungen und Entbehrungen...“

 

Wir schreiben das Jahr 1874. In der Kirche St. Ulrich in Altenstadt findet die Trauung von Franz Gerban, den Besitzer einer Weinhandlung, und Irene statt. Geschickt nutzt die Autorin díe Gelegenheit, in Irenes Gedanken die Geschehnisse der ersten beiden Teile der Saga Revue passieren zu lassen.

Obwohl Franz` Schwester Mathilde kurze Zeit später einen Fabrikanten heiraten wird, ist sie die alte Zimtzicke geblieben. Sie gönnt Irene nicht einmal das Schwarze unter den Fingernägeln.

Die Autorin hat erneut eine fesselnde Familiensaga geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Franz und Irene bekommen zwei Zwillingsmädchen. Als Frau und Mutter aber fühlt sich Irene nicht ausgelastet. Hinzu kommt, dass Franz häufig abwesend ist. Zum einen ist das seinen Kontakten zu den Kunden geschuldet, zum anderen engagiert er sich politisch. Irene sucht und findet eine Aufgabe, indem sie sich für die Rechte der Arbeiterfrauen einsetzt. Als sie dabei Josef wieder trifft, reagiert Franz mit Eifersucht. Die Ehe kommt an einen Scheideweg.

Auch Mathilde muss lernen, dass sie als Ehefrau anders zu agieren hat, als sie es als verwöhnte Tochter ihres Vaters gewohnt war.

Sehr gut werden die Zeitverhältnisse wiedergegeben. Durch Irenes Arbeit lerne ich die katastrophalen Lebensverhältnisse der Leineweber, aber auch die schwierige Situation des Dienstpersonals kennen. Schläge bei Verfehlungen sind keine Seltenheit.

 

„...Obwohl sie in ihrer Zeit als Fabrikarbeiterin so manches Elend gesehen und auch selbst durchlebt hatte, übertrafen die Zustände in Herxheim alles, was sie bis dahin kennengelernt hatte. […] Ein Mädchen, das Irene nicht älter als sechs Jahre schätzte, drehte ein Spinnrad...“

 

Franz ermöglicht mir einen Blick in die Arbeit des Parlaments. Gleichzeitig geht er im Weinanbau neue Wege. Das darf ich mitverfolgen und Gelungenes und Probleme registrieren.

Der ruhende Pol in der Geschichte ist Pauline, Franz` Mutter. Sie hat harte Zeiten hinter sich und wirkt ausgleichend. Das ändert allerdings nichts daran, dass sie gegebenenfalls Franz den Kopf wäscht, genauso wie es Minna, Irenes Freundin, mit Irene macht. Beide Ehepartner nehmen sich in gewissen Situationen an Sturheit nichts.

Irene lernt August Bebel kennen. Das Gespräch zwischen den beiden gehört zu einem der vielen fein ausgearbeiteten Dialoge. Er ist erstaunt, dass Franz Irenes tun billigt und ihr eine gewisse Summe dafür zur Verfügung stellt. Das ist in damaliger Zeit ungewöhnlich.

Im Reichstag wird Franz einem Österreicher vorgestellt. Er ahnt indem Moment nicht, dass diese Begegnung ihn und seine Familie vor völlig neue Herausforderungen stellt. Grund dafür sind nicht zuletzt die Regelung, die für den Adel unter Kaiser Franz Joseph in Österreich gelten.

Geburt und Tod, Liebe und Eifersucht, Hass und Barmherzigkeit – alles, was das Leben ausmacht, findet im Roman seinen Platz.

Gekonnt werden die Emotionen der Protagonisten wiedergegeben. Sie spiegeln sich in ihrem Handeln. Und manchmal sind es die gesellschaftlichen Normen, die die Erfüllung innigster Wünsche erschweren.

Zwei Landkarten, eine Auflistung der handelnden Personen, ein Glossar und ein inhaltsreiches Nachwort vervollständigen den Roman.

Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie ist ein gelungenes Zeitgemälde, dass das Leben historischer Personen mit fiktiven Protagonisten verknüpft.