Rezension

Gut, aber zu langatmig

Wiesenstein - Hans Pleschinski

Wiesenstein
von Hans Pleschinski

"Ich bin für Kompromisse, weil ich die äußere Bequemlichkeit brauche, um mich meinen inneren Gegensätzen widmen zu können. Ich flüchte in die Bequemlichkeit, wenn mein seelisches Unbehagen allzu quä-quälend wird" [sagt Gerhart Hauptmann auf Seite 321]
Genau diese unsympathische Art Gerhart Hauptmanns wird in diesem Roman en detail beleuchtet. Seine sehr opportunistische Art sich durch die Zeit zu bewegen mit wenigen Einschränkungen leben zu müssen, gefällig immer den regierenden...
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich keine Erinnerung an Inhalte geschweige denn an die Person Gerhart Hauptmann habe.

Dieser Roman hat zwei große Themen, zum einen ist es eine Aufarbeitung des Lebens und der Werke von Gerhart Hauptmann und zum anderen die Leidesgeschichte der Deutschen am Ende des Krieges in Schlesien sowie die Machtspiele zwischen den Kriegsgewinnern und allen anderen.

Geschickt inszeniert, wie der Titel schon verrät, ist der Dreh und Angelpunkt das Anwesen Wiesenstein. Hier lebte Gerhart Hauptmann. Im Krieg gehen die Nazigrößen ein und aus und nach dem Krieg die russischen Offiziere und polnischen Kulturbeauftragten. Erstaunlich ist immer wieder wie das Ehepaar Hauptmann das schriftstellerische Werk so ins rechte Licht gerückt bekommt um dadurch Schutz und Annehmlichkeiten der jeweiligen Macht zu bekommen.

Gerhart Hauptmanns Werk und seine Person werden uns nicht chronologisch, sondern häppchenweise serviert. Mal sprechen Angestellte über ihn, mal spricht er selbst mit seiner Frau, in anderen Szenen diktiert er seiner Sekretärin und überarbeitet Texte mit ihr. Diese Texte kann man dann mitlesen.

Das andere große Thema ist die historische Aufarbeitung wie der Krieg in Schlesien zu Ende ging, was das für die deutsche Bevölkerung bedeutete und wie die Menschen ums nackte Überleben kämpften. Auch wird die Vertreibung in den Westen thematisiert wie auch die Animositäten zwischen den Polen und den Russen durch die territorialen Ansprüche.
Mir persönlich hat dieser Aspekt des Romans am besten gefallen.

Hans Pleschninski hat hier einen Roman konzipiert mit zwei interessanten Themen. Sprachlich fand ich es persönlich an einigen Stellen zu gestelzt - vielleicht durch die Vertiefung in die Hauptmann-Lektüre?
Auch empfinde ich den Roman als zu lang, er könnte locker 100-150 Seiten kürzer sein. Etwas mehr Dynamik hätten dem Roman gut getan.

FAZIT: Tolle Themen, aber zu hölzern erzählt und leider sehr langatmig. Mein Fall war es nicht, wenn die historischen Aspekte interessieren, sollte es dennoch in Betracht ziehen. Genauso interessiere an Gerhart Hauptmann, wer hier Vorkenntnisse hat und sich für sein letztes Lebensjahr interessiert sollte auch zugreifen.