Rezension

Habe etwas anderes erwartet

Das Lied des Propheten -

Das Lied des Propheten
von Paul Lynch

Bewertet mit 3 Sternen

Ich wollte dieses Buch so gerne mögen, weil es inhaltlich direkt am Puls der Zeit ist und aus meiner Sicht durchaus ein Augen öffnendes Buch hätte sein können. Aber ich tue mich unheimlich schwer damit, es nun richtig gut oder richtig schlecht zu finden. Keines von beidem ist der Fall, es pendelt irgendwo in der Mitte.

Lynch' Stil ist recht speziell und gewöhnungsbedürftig. Und er gönnt dem Leser quasi fast keine Atempause. Man wird direkt ab der ersten Seite mit dem Geschehen konfrontiert.

Ich bin kein Fan von Verzicht auf Absätze und direkte Rede und kann nur mutmaßen, warum der Autor dieses Stilmittel verwendet hat. Für mich war es mitunter schwierig Aussagen einzelnen Personen in einer Unterhaltung passend zuzuordnen. Hier ist es mir mehrfach passiert, dass ich Passagen nochmals lesen musste, um diese zu verstehen.

Es liest sich für mich einfach nicht flüssig. Dazu kommt, dass die Hintergründe für den immer wieder erwähnten „Nationalen Notstand“ eigentlich nie konkret benannt werden. Sie bleiben unsichtbar und abstrakt, man erfährt als Leser nur die Auswirkungen. Ich könnte mir vorstellen, dass es der Autor an dieser Stelle jedem Leser selbst überlässt, sich sein eigenes Horrorszenario auszumalen, dass zu solch drastischen Maßnahmen führt.

Im Grunde ist das ein geschickter Schachzug. Für mich hat es leider nicht funktioniert. Dieses Abstrakte hat bei mir dazu geführt, dass sich jede von Eilishs Handlungen aber auch ihre Emotionen sehr distanziert anfühlten. Ich konnte zwar grundsätzlich verstehen, was in ihr in den jeweiligen Momenten vorgeht; für mich war es nur nicht immer nachvollziehbar, hat mich kaum berührt. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt mich durch den oft gekünstelt wirkenden Schreibstil zu kämpfen.

Die Geschichte konzentriert sich auf Eilish, ihre Emotionen und die Auswirkungen auf ihre Familie nach der Verhaftung ihres Mannes. Diese sind erschreckend und man sollte sich wirklich vor Augen führen, ob diese staatlichen Handlungen so erstrebenswert sind, wie von manchen Zeitgenossen in den Äther geplärrt.

Mir ist das insgesamt aber ein wenig einseitig. Ich hätte mir hier gewünscht auch Reaktionen aus dem Ausland zu lesen oder aus den sozialen Medien, von Gegenbewegungen usw.

Mit einem ansprechenderen Stil hätte das Buch wirklich ein Pageturner werden können. Es bleibt für mich leider ein mittelmäßiger Versuch ein aktuelles Thema in Buchform zu bringen.