Rezension

Hat was!

Kellerkind - Nicole Neubauer

Kellerkind
von Nicole Neubauer

Bewertet mit 3.5 Sternen

★★★

Hauptkommissar Waechter und sein Team ermitteln in einem Fall, der immer komplizierter zu werden scheint: Die erfolgreiche Anwältin Rose Benninghoff liegt mit durchschnittener Kehle in ihrer überperfekten Wohnung. In ihrem Kellerabteil kauert Oliver Baptiste mit blutverschmierten Händen. Oliver ist 14 und kann sich an nichts mehr erinnern. Es stellt sich herraus, dass Olivers Vater bis vor Kurzem eine Beziehung mit Rose hatte. Trotzdem scheint es so, dass weder Vater noch Sohn etwas nachgewiesen werden kann, denn sie schweigen beharrlich. Das Ermittlerteam steckt in einer Sackgasse und das nicht nur beruflich ...

 

Dieser Kriminalroman ist eindeutig anders. Anders als jeder Krimi, anders als alles, das ich je gelesen habe. Einerseits ziehen sich die Ermittlungen (und damit die Story) wie Kaugummi, aber andererseits lässt einen das Buch nicht wieder los. Obwohl es lang nicht voran ging, wollte ich das Buch nicht einen Moment abbrechen. Die Charaktere haben mich einfach immer wieder ins Buch geholt. Jeder Protagonist hat sein eigenes Päckchen zu tragen. Da ist Hannes Brandl, der noch immer nicht geschieden ist, aber längst eine neue Familie hat. Und Hans-Dieter-Staudinger, den alle nur HDS nennen und der als Hüter des Schweigens gilt, weil er nie etwas sagt. Da ist auch Waechter, der ein wahrer Messie ist. Und Elli Schuster, die sehr korpulent, aber erstaunlich wendig ist. Auch der alte Paulsen ist eine Marke für sich – malt und malt und immer wieder Rosen. Er ist dement, findet aber doch den Weg zu Rose Benninghoff. Dann hat es immer wieder kleine bayerische Dialekt-Ausdrücke, die das Ganze auflockern und vor allem der trockene, teils pechschwarze Humor, der immer wieder auftaucht. Das Buch hat was, unbestreitbar. Wäre es jetzt noch etwas spannender, wäre ich begeistert!

 

Ein kleines Problem hat mir auch diese „wattige“ Stimmug gemacht. Ich hatte immer das Gefühl, das Ganze durch eine Milchglasscheibe zu sehen oder durch eine Trennwand zu hören. Ich durfte als Leser nicht so nah dabei sein, wie ich das gewöhnt bin.

 

Jedes Kapitel ist mit einer Schnee-Bezeichnung überschrieben. Allerdings sind einige davon meiner Meinung nach erfunden. Ich jedenfalls kenne keinen Büserschnee. Trotzdem – da der Krimi in einem eisigen Jahrhundertwinter angesiedelt ist, passt die Idee super. Außerdem sind sie ein kleiner, „orakeliger“ Hinweis auf die Dinge, die im Kapitel geschehen.

 

Am Ende klärt sich alles mit ein paar interessanten Wendungen. Sie mögen nicht total logisch sein, aber sie passen. Es gibt keinen echten Cliffhanger, aber doch ein paar kleine lose Fädchen, die auf weitere Bände schließen lassen. Auch die Art der Charaktere ist eindeutig auf eine Serie angelegt. Man möchte ja gern wissen, was aus all den schrägen Vögeln wird.

 

So finden sich zahlreiche kleine Besonderheiten, die mir sehr gefallen. Insgesamt bekommt dieser Krimi von mir 3,5 Sterne. Trotzdem: vergeudete Lesezeit war das auf keinen Fall! Den nächsten Band würde ich ohne Zögern ebenfalls lesen!

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