Rezension

Highschool-Sherlock mit Handicap

Der beste Tag meines Lebens - Ashley Miller, Zack Stentz

Der beste Tag meines Lebens
von Ashley Miller Zack Stentz

Bewertet mit 3 Sternen

Der erste Highschool-Tag beginnt für Colin Fischer nicht gerade rosig. Auf der Toilette trifft er noch vor der ersten Stunde auf einen lächelnden Wayne Connelly. Könnte Colin die Mimik seiner Mitmenschen lesen, dann wäre ihm aufgefallen, dass dieses Lächeln nichts Gutes bedeutet und sein Kopf bald Bekanntschaft mit der Kloschüssel machen würde. Doch Colin leidet am Asperger Syndrom, einer Art Autismus. Es fällt ihm schwer sozial zu interagieren, zu kommunizieren, Stimmungen zu erkennen oder eben Gesichter zu deuten. Recht teilnahmslos lässt er die Prozedur über sich ergehen, geht nach Hause, wechselt sein Hemd und geht wieder in die Schule. Denn er geht gerne zur Schule.

Colin mag es nicht berührt zu werden, selbst seinen Eltern gestattet er nur selten Körperkontakt. Bei lauten Geräuschen tickt er schon mal aus. Der 14-Jährige sagt was ihm durch den Kopf geht, schreibt alle seine Beobachtungen in sein Tagebuch, liebt Fakten und Sherlock Holmes. Gleichaltrige ziehen den seltsamem Jungen auf, können mit ihm bestenfalls nichts anfangen. Auch seinem drei Jahre jüngerer Bruder Danny ist Colin mehr als peinlich. Nur ein Mädchen, Melissa, hält seit der Grundschule zu ihm.

Als während der Mittagspause ein Schuss in der Cafeteria losgeht und eine Pistole in den Resten von Melissas Geburtstagskuchen gefunden wird, beginnt Colin zu ermitteln. Alle geben dem Rowdy Wayne die Schuld. Doch das glaubt der jugendliche Detektiv nicht.

Tagebucheinträge und Fußnoten

Einfach und fluffig geschrieben, lesen sich die 224 Seiten flüssig weg. Der simple, präzise Sprachstil passt perfekt zum nüchternen, pragmatischen Protagonisten. Jedes Kapitel beginnt mit einem Tagebucheintrag. Dadurch lernt der Leser schnell Colins Gedankenwelt, Wissensdurst und Ticks kennen. Dieser Trick gefiel mir sehr gut. Im Gegensatz zu den insgesamt 35 Fußnoten in denen Colins weiteres umfassendes Wissen zu verschiedenen Themen festgehalten ist. Diese – Entschuldigung: - Klugscheißereien hätte das Autorenteam auch einfach im Fließtext unterbringen können. Ellenlange Fachmonologe gehören schließlich zu Colins herausragendsten Eigenschaften. Den Leser mit Fußnoten immer wieder aus dem Lesefluss zu reißen ist einfach unschön.

Kleine Ungereimtheiten

Unschön sind auch einige Ungereimtheiten im Verhalten Colins. Doch es ist ein Roman, kein Sachbuch über das Asperger-Syndrom und ich kenne keinen Betroffenen, so dass ich nicht sagen kann, wie unrealistisch einige Handlungen wirklich sind. Dass Colin nun plötzlich lockerer wird, als Kleinkind seiner Mutter mehr Körperkontakt gestattet hat und er sogar beginnt Basketball zu spielen, kann auch einfach an der veränderten, aufwühlenden Situation liegen. Bei einigen Entwicklungen stutzte ich so zwar kurz, wirklich gestört fühlte ich mich dadurch jedoch nicht.

Highschool-Detektivgeschichte

„Der beste Tag meines Lebens“ bot mir im Ganzen kurzweilige Unterhaltung. Das Jugendbuch gewährt lehrreich, locker und spannend Einblicke in die Welt eines Asperger-Betroffenen. Doch der Schwerpunkt liegt bei der Highschool-Detektivgeschichte. Schon längst diskutieren Sherlock Holmes Fans, ob die Figur das Asperger-Syndrom hat, nur deshalb so messerscharf kombinieren kann und im sozialen Kontakt schwächelt. Die Idee ist also alles andere als neu. Ashley Edward Miller und Zack Stentz setzten sie aber sehr anständig und zeitgemäß um.