Hochspannende und emotionale Spurensuche
Bewertet mit 4.5 Sternen
Völlig überraschend erhält die Stuttgarter Historikerin Marie eine Nachricht aus Paris: Sie soll dort gemeinsam mit dem Journalisten Nicolas eine Wohnung erben, falls es ihnen gelingt, das verschollene Bild eines jüdischen Malers wiederzufinden.
Bettina Storks hat hier eine komplexe und anspruchsvolle Handlung mit leichter Hand zu einer Geschichte verwoben, die ihre Leserin von der ersten Seite an in Bann zieht. Und - was viel beeindruckender ist - bis zum Schluss nicht loslässt.
Kurz vor seinem Tod treffen wir auf Victor, einen 95-Jährigen, den ein Anliegen umtreibt, das er noch gern erledigt hätte, eine Aufgabe, die ihren Ursprung in seiner Vergangenheit hat. Was folgt, ist tatsächlich eine Spurensuche. Marie und sein Enkel Nicolas stehen vor einem gigantischen Rätsel, das sie geradewegs in die dunkle Besatzungszeit des zweiten Weltkriegs führt. Neben der mühsamen Recherche geraten sie in der Gegenwart, nämlich innerhalb der eigenen Familien, auf unerklärlichen Widerstand.
Auf Schritt und Tritt begegnen die Suchenden dem unheilvollen Duo Schweigen und Schuld, damals wie heute. In Rückblenden erschließt sich nach und nach, was sich wirklich ereignet hat. Dabei genügen wenige Details, manchmal kaum mehr als Andeutungen, um das Grauen der Naziherrschaft heraufzubeschwören. Einige tatsächliche Personen und Begebenheiten, erfahren wir im Nachwort, sind eingearbeitet. Dass trotz alldem die Grundstimmung des Romans zuversichtlich und freundlich bleibt, ist ein kleines Wunder. Ob die Charaktere, ihre Begegnungen, ihre Gespräche und Entwicklungen dazu beitragen? Oder sind es die romantischen Momente, die wir miterleben dürfen?
Zugegebenermaßen wird es gegen Ende sentimental. Aber ist nicht auch das ein Geschenk der Literatur, solche Gefühle einmal annehmen zu dürfen?
Insgesamt ist hier ein Werk gelungen, das auf großartige Weise historische Fakten mit viel Spannung und behutsamer Romantik verbindet. Unterhaltungslektüre im besten Sinn des Wortes.