Rezension

Höhen und Tiefen

Curia
von Oscar Caplan

Bewertet mit 3 Sternen

Zu Beginn hatte ich bei "CURIA" stark das Gefühl, einen weiteren, verspäteten "Sakrileg"-Abklatsch vor mir zu haben: eine Verschwörung in der katholischen Kirche, die Bibel revolutionierende Geheimnisse, für die getötet wird, und auch Opus Dei und die Tempelritter sind mit von der Partie. Zum Glück bringt Oscar Caplan dann doch recht schnell noch weitere Fasetten wie die Ägyptologie ins Spiel. Außerdem betrifft das zentrale Geheimnis um Moses nicht nur das Christentum, sondern auch den Islam und das Judentum, weswegen der Autor beispielsweise auch Ausflüge nach Israel und Saudi-Arabien macht. Das finde ich wesentlich interessanter als die hundertste Vatikan-Geschichte. Trotzdem: Den Dan-Brown-Nachgeschmack wird man beim Lesen des Buches nie ganz los.

Am Anfang wird sehr schnell viel Spannung aufgebaut, sodass es ein vielversprechender Thriller zu werden scheint. Sprachlich passt Caplans Stil hervorragend zum Genre. Manchmal hätten jedoch weniger Beschreibungen dem Lesefluss gut getan, da der Leser doch sehr mit Informationen zugeschüttet wird. Einerseits lerne ich auch beim Lesen gerne Neues und ein Thriller kann natürlich auch gerne neben der fiktiven Handlung informativ sein. Andererseits ist es eben schwer zu unterscheiden, was von diesen ganzen "Fakten" nun Realität ist und was sich der Autor ausgedacht oder zurecht gebogen hat, damit es zur Handlung passt. Außerdem finde ich, dass einige überflüssige Informationen enthalten sind oder ich habe den tieferen Sinn einiger Infos übersehen - woran auch immer es lag; bei den fast 700 Seiten ist es schwer, den Überblick zu behalten. Zudem hatte ich streckenweise das Gefühl, dass die ganzen Zusatzinfos die Handlung in den Hintergrund stellen bzw. den Handlungsfluss aufgehalten haben. Für meinen Geschmack kam es zu oft vor, dass man seitenlang mit Infos, geistigen Abhandlungen (z.B. zur Liebe) bombardiert wurde, die eigentliche Handlung sich aber kaum weiterentwickelt hat. An diesen Stellen kam dann auch die Spannung zum Erliegen und musste im Weiteren dann erst wieder aufgebaut werden.

Ein zweischneidiges Schwert sind auch die kurzen Kapitel. Einerseits legt Caplan damit ein rasantes Erzähl-Tempo vor - die Geschichte wird mit schnellen, beinahe filmischen Sprüngen erzählt. Andererseits bremst er sich dann streckenweise mit der eingefügten Informationsflut wieder selbst aus. Ich habe mir oft gewünscht, mehr Wesentliches über bestimmte Situationen oder Charaktere zu erfahren und nicht schon wieder in eine andere Situation geworfen zu werden. Auch dadurch schwankt der Spannungsgehalt des Buches extrem - manche Stellen ziehen sich hin, während man andere richtiggehend verschlingt. Weiterer Nebeneffekt der vielen Schauplatzwechsel: es werden in sehr kurzer Zeit sehr viele Personen und Handlungsstränge eingeführt. An einigen Stellen musste ich zurück blättern, da ich nicht mehr genau wusste, wer einzelne Figuren waren bzw. was sie gemacht haben. Das war schon etwas verwirrend.

Einige Dinge wirken dann auch etwas sehr an den Haaren herbei gezogen. So reicht das Geheimnis um Moses bis ins Alte Ägypten zurück - und "zufälligerweise" ist nicht nur Theo St. Pierre, der Bruder des Opfers, Ägyptologe, sondern er kennt mit Raisa Belmont auch gleich noch eine Expertin, die sich unter anderem mit dem Zusammenhang Moses/Freud/Echnaton beschäftigt. Auch solche Sachen wie die Bilderberg-Gruppe, die in großen Teilen der Welt das wirtschaftliche und politische Geschehen lenken soll/will, war mir dann doch eine Nummer zu übertrieben.

Interessant sind die Erinnerungen, Briefe, Lieder oder Dokumentstexte, die immer wieder in die Handlung eingestreut werden und dem Buch so eine zusätzliche Dimension geben. Optisch sind diese Passagen entweder durch Schrägstellung oder Einrücken hervorgehoben.

Insgesamt hat Oscar Caplan ein Roman-Debut mit Höhen und Tiefen vorgelegt. Nach der Leseprobe hatte ich mir ehrlich gesagt mehr versprochen, als das komplette Buch letztendlich bieten konnte. Es gibt gute Ansätze, interessante Charaktere und fesselnde Momente, die jedoch nicht über die Schwachstellen hinweg täuschen können. Es war auf Dauer (vor allem im ersten Drittel) leider recht ermüdend, das Buch zu lesen. Kürzungen und Straffungen hätten "Curia" meiner Meinung nach gut getan - es ist einfach schwer, den Leser dauerhaft über so viele Seiten hinweg zu begeistern.