Rezension

Hoffnungland Amerika

Sing, wilder Vogel, sing -

Sing, wilder Vogel, sing
von Jacqueline O’Mahony

Bewertet mit 4 Sternen

Eine starke junge Frau flieht vor der Hungersnot in Irland 1849 nach Amerika, in der Hoffnung auf ein besseres Leben.

Gerade als Honora geboren wurde flatterte ein Vogel ins Haus, was zur damaligen Zeit ein schlechtes Omen bedeutete. Bald darauf starb ihre Mutter. Ihr Vater lehnte das Kind ab, sodass sie völlig auf sich selbst angewiesen war und ohne menschlichen Kontakt aufwuchs. Auch im Dorf wurde sie als Außenseiterin gemieden, bis sich William für sie interessierte und sie heiratete. Dann kam das Jahr 1849, das Jahr der schlechten Ernte. Die Menschen hungerten und starben, Honora überlebte als eine der wenigen und wagte die gefahrvolle Überfahrt nach Amerika, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch auch dort sollte sie enttäuscht werden …   

Jaqueline O’Mahony, geb. 1972 in Cork, ist eine irisch/britische Schriftstellerin, die bereits im Alter von 14 Jahren als „Young Irish Writer of the Year“ ausgezeichnet wurde. Sie studierte in Irland, Italien und den USA und arbeitete als Journalistin u.a. für die ‚Vogue‘. 2015 absolvierte sie ihren Master in Creative Writing an der City University. Ihr Debütroman „A River in the Trees“ erschien 2020 und wurde bereits für diverse Preise nominiert. Die Autorin lebt heute mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in London.

„Sing, wilder Vogel, sing“ ist die schonungslose Geschichte menschlichen Leids, Hunger, Entbehrungen und verzweifelter Hoffnung. Packend und mitreißend beschreibt die Autorin die Tragödie an der irischen Westküste im Jahr 1849, das infolge der Kartoffelfäule und Missernten als Hungerjahr in die Geschichte einging. Der Marsch der verzweifelten Menschen über den Doolough Pass, ihre Hoffnung etwas Nahrung zu bekommen, ihre grenzenlose Enttäuschung und der unheilvolle Rückweg bei Kälte und Schnee, bei dem nur wenige überlebten, war für mich eine der besten Passagen des Buches. Die Beschreibung von Fakten der irischen Geschichte verbunden mit Auswanderung und der Hoffnung auf ein besseres Leben ist der Autorin außerordentlich gut gelungen. Die Geschichte von Honora, einer jungen Frau die in der Heimat keine Perspektive mehr hat, damit zu verbinden, ist ganz besonders glaubwürdig.

Trotz meiner Begeisterung habe ich auch einiges zu kritisieren. Bisweilen kam es mir tatsächlich so vor, als hätte die Autorin den Faden verloren und sich nicht mehr an das vorher geschriebene erinnert. Es werden Situationen geschildert, von denen man als Leser keine Ahnung hat, wie es dazu gekommen ist. Einige Beispiele: Honoras erster Ehemann ist plötzlich tot – Honora hat es ohne Ticket und ohne Geld aufs Schiff geschafft, dort hatte sie ein Bett und Verpflegung – Honora und die kranke Mary machen sich von NewYork auf den Weg in den Westen, auf einmal sind sie dort und Mary ist gesund – Honora/Nell flieht mit Prosper aus dem Bordell, dann sind sie urplötzlich im zweiten Sommer auf ihrer Farm – wie kann jemand mit einem gebrochenen Bein nach zwei Tagen wieder springen? – von dem am Ende erwähnten Blutmond, unter dem sie zur Welt gekommen sein soll, wurde bei ihrer Geburt jedoch nichts erwähnt.

Fazit: Keine leichte Kost, aber trotz meiner Kritikpunkte eine lohnende Lektüre!