Rezension

Kein Buch für "Zwischendurch"

Grenzgänger - Mechtild Borrmann

Grenzgänger
von Mechtild Borrmann

Bewertet mit 5 Sternen

In „Grenzgänger“ begleiten wir die Protagonistin Henni. Um sie herum wird alles aufgebaut. Wir lernen ihre Eltern, ihre Geschwister und auch ihre beste Freundin kennen. Fiebern mit ihr mit und können es kaum fassen, was ihr widerfahren ist. In gerade einmal 284 Seiten erlebt man mit Henni so viel, dass man am Ende völlig außer Atmen ist und Henni einfach nur seinen Respekt zollen kann. Sie ist eine sehr starke Protagonistin. In der Vergangenheit war sie genau so fleißig und stark, wie in der Gegenwart. Sie ist gezeichnet, hat sehr viel durchgestanden, ist aber wie ein Stehaufmännchen. Ans Aufgeben hat sie niemals gedacht. Im Gegenteil, sie kämpft wie eine Löwin für ihre Familie und setzt alles daran, den Tod ihres Bruders Matthias aufzuklären. Sie glaubt zu keiner Zeit an die offizielle Todesursache „Lungenentzündung“.
Bis sie die Antworten bekommt, die sie sucht, dauert es jedoch eine Weile und bis dahin erfährt sie sogar noch viel mehr, als ihr vielleicht lieb ist.

„Man kann nicht hinter den Punkt zurück, den man ungeschehen machen möchte. Man kann nur weitergehen."
Zitat aus "Grenzgänger"

Mir hat es gefallen, wie die Autorin die verschiedenen Figuren gezeichnet hat. Jede hat ihr Päckchen zu tragen und trägt zur Aufklärung bei. Vieles wird aus differenzierten Sichten geschildert, was mir sehr gut gefallen hat. Dazu kommt eine konstante Spannung, und sehr viele Überraschungen, die ich vorher absolut nicht auf dem Schirm hatte.
Besonders erschreckend fand ich die Schilderungen aus dem Kinderheim, in dem die Geschwister von Henni gelebt haben. Da konnte ich nicht umhin, die ein oder andere Träne zu vergießen. Unvorstellbar, dass es damals zu Kriegszeiten üblich war, Kinder so zu „erziehen“. Dies ist bedauerlicherweise jedoch nicht das Einzige, was mich negativ aufgewühlt hat, denn auch Hennis Vater ist kein, ich nenne es mal einfacher Zeitgenosse. An dieser Stelle möchte ich aber natürlich nicht zu viel verraten.
Trotz der doch eher wenigen Seitenzahl, habe ich eine Weile gebraucht, bis ich die Geschichte gelesen hatte. Ich brauchte hin und wieder eine Pause, da mich viele Szenen sehr aufgewühlt haben. „Grenzgänger“ liest man nicht mal eben zwischendurch, dafür ist es zu schwere Kost. Man muss sich Zeit nehmen, um alles zu verinnerlichen. Man reist durch die Zeit und nimmt Hennis Rolle an, was wahrlich keine leichte ist.

Fazit
„Grenzgänger“ ist ein starkes, erschreckendes, nachdenklich stimmendes Buch, dass eine konstante Spannung und eine äußerst starke Protagonistin zu bieten hat. Die Reise durch die Nachkriegszeit hat mich ebenso beeindruckt, wie der Zeitstrang der Gegenwart. Die Geschichte fügt sich nahtlos zusammen und konnte mich sehr berühren. Mechtild Borrmann entwickelt sich mehr und mehr zu eine meiner liebsten Autorinnen, die es versteht, mit nur wenigen Worten unfassbar viel zu erzählen.

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