Kinder sind Gäste, die nach dem Weg fragen.
Bewertet mit 5 Sternen
Die angesprochenen Kinder kamen näher und setzten sich zu ihnen. Sie waren zu einer Gruppe zusammengewachsen. Das war vielleicht das größte Wunder, das sich in den letzten Wochen und Monaten vollzogen hatte. Sie waren nicht mehr allein. Oft benötigten sie Marias Hilfe nicht, weil sie sich gegenseitig unterstützten. Maria spürte, wie eine Welle des Stolzes sie durchströmte. Diese Kinder waren großartig. „Ich war in den letzten Wochen eure Lehrerin“, sagte sie ergriffen. „Aber in Wahrheit wart ihr es, die mich unterrichtet habt.“
Lehrerin einer neuen Zeit, Taschenbuch-Ausgabe, S. 275
Unbezahlte Werbung, da Verlags- und Titelverlinkungen. Die Romanbiografie über das Leben von Maria Montessori wurde von der österreichischen Schriftstellerin Beate Maly unter dem Pseudonym Laura Baldini geschrieben. Der Roman ist der Auftakt zur Reihe „Bedeutende Frauen, die die Welt verändern“, die im Piper Verlag erscheint. Die vorliegende Taschenbuch-Ausgabe ist 2020 erschienen und selbst gekauft.
Darum geht’s
Maria Montessori ist ehrgeizig und zielstrebig. Entgegen der üblichen Konventionen studiert die junge Italienerin Medizin, was am Ende des 19. Jahrhunderts zwar möglich, aber noch nicht üblich ist. Mit Talent und Fleiß wird sie eine der besten des Jahrgangs und widmet sich für ihre Abschlussarbeit psychiatrischen Fragen. Dies führt sie in eine Anstalt für „gestörte“ Kinder. Maria ist entsetzt über die mangelnde Zuwendung zu den kleinen Patientinnen und beginnt mit der Entwicklung von Fördermethoden, die bis heute zum Grundlagenwissen pädagogischer Berufe gehören.
Mein Leseerlebnis
Als Sozialpädagogin war meine Neugier bei einem historischen Roman über Maria Montessori sofort geweckt. Bis heute sind ihre Studien und die entwickelten Materialien Inhalt jedes pädagogischen und erzieherischen Grundstudiums. Dass der Roman von Laura Baldini alias Beate Maly geschrieben wurde, war ein zusätzliches Plus, denn ihre historischen Romane über starke Frauen, die im späten 18. bzw. frühen 19. Jahrhundert ihren Weg gehen, liebe ich allesamt sehr.
Auch dieses Mal enttäuscht die Autorin nicht. Bereits nach wenigen Seiten bin ich mitten in die Zeit und die Geschichte hineingetaucht. Baldinis bildhafte Beschreibungen und der lockere Sprachstil sorgen für eine angenehmes Leseerlebnis, bei dem man Raum und Zeit vergisst und den Roman am liebsten an einem Stück verschlingen würde.
Das Taschenbuch ist hochwertig gestaltet. Das Cover entführt bereits optisch in die Zeit und jedes Kapitel ist mit einem Rahmen verziert.
Die Protagonist*innen sind gut ausgearbeitet und wirken in ihrem Denken und Tun authentisch. Sehr gut gefallen haben mir die Schilderung der Gedankenwelten der Kinder, die in der psychiatrischen Anstalt sitzen und die Beschreibung der Kontraste zwischen Arm und Reich im Stadtbild von Rom. Die Nöte der Menschen, inklusive die von Maria Montessori selbst, kommen gut zur Geltung. Immer wieder werden kleine Spannungsbögen aufgebaut und der Roman hatte für mich keine Längen.
Laura Baldini versteht es Fakten und Fiktion zu einer unterhaltsamen Geschichte zu verweben, ohne die historischen Begebenheiten dabei zu sehr auszuschmücken oder zu übergehen. Sehr gut gefallen hat mir der ausgewogene Blick auf Marias berufliche Erfolge und ihr Privatleben. Die Lebensumstände und die frühen Studienjahre Montessoris waren mir noch unbekannt und ich habe ihre Entwicklung hin zu der bekannten Pädagogin mit großem Interesse und Staunen verfolgt. Das Nachwort von Baldini, in dem sie auf ihre Recherchen zu Maria Montessori eingeht, hat mein Leseerlebnis abgerundet.
Fazit
LEHRERIN EINER NEUEN ZEIT ist eine sehr gut recherchierte und authentisch geschriebene Romanbiografie über eine der bedeutenden Vorreiterinnen der Pädagogik, auf deren Erkenntnissen bis heute aufgebaut wird. Ein unterhaltsames und lehrreiches Lesevergnügen und ein Muss für alle Leser*innen aus pädagogischen Berufen und mein Lesehighlight im Juni.