Rezension

Komplex, spannend und herrlich schokoladig ...

Bittere Schokolade - Tom Hillenbrand

Bittere Schokolade
von Tom Hillenbrand

Bewertet mit 5 Sternen

Xavier Kieffer läuft durch Zufall seiner Jugendliebe Ketti Faber über den Weg und diese lädt ihn zu sich nach Brüssel ein. Mit komischem Gefühl, denn eigentlich wollte er sie nie Wiedersehen, steht er nun in ihrer Patisserie und lässt sich in die Welt der Schokolade einführen. Aber Ketti hat noch ganz andere Dinge mit diesem Produkt vor, sie möchte die Schokolade revolutionieren. Allerdings soll es nicht mehr dazu kommen, da sie kurz darauf ermordet in Xaviers Armen stirbt. Für den Koch beginnt somit eine turbulente Zeit, denn wer ihn kennt, weiß, dass er den Tod aufklären muss und sich damit selbst in die Schusslinie bringt. Was hat Ketti also herausgefunden? Hat es mit der mysteriösen Plantage in Westafrika zu tun? Oder hängt ihr Tod mit dem Botschafter der Republik Kongo zusammen, der kurz vor ihr das Zeitliche gesegnet hat? Oder kommen da noch ganz andere Machenschaften ans Tageslicht? Xavier legt los und entdeckt eine ganz andere Seite von der Schokolade.

Dieses Jahr scheint ein Hillenbrand Jahr zu sein, denn es ist schon die zweite Neuerscheinung, die ich lesen darf. Während ich im Frühjahr in einer fernen Zukunft gewandelt bin, darf ich hier meinem Lieblingskoch begleiten. Ich liebe diese Reihe einfach, dieser Koch ist so schön schrullig und altmodisch, aber dabei hat er einfach eine tolle Ausstrahlung, dass man ihn sehr interessant findet. Dazu noch diese Lebensmittelskandale, die einen überraschen und die Welt mit anderen Augen sehen lässt. Diesmal ist die heiß geliebte Schokolade dran, und ob sich danach noch welche essen kann, erzähle ich euch nun.

Xavier Kieffer darf nun schon zum sechsten Mal ermitteln und ist für mich immer noch ganz hoch im Kurs. Diesmal bekommt er es ein bisschen mit seiner Vergangenheit zu tun, denn Ketti ist die Frau aus seiner Pariser Zeit gewesen. Wilde Partys, viele Drogen und der Traum von der ganz großen Küche, waren dort an der Tagesordnung und unser Koch erinnert sich nicht gern dran. So ist das erste Treffen ein Gefühl von Freude, aber auch unterschwelligem Unwillen an alte Zeiten denken zu müssen. Kieffer rang mit sich, ob er nun nach Brüssel fahren soll, oder nicht. Die Neugier hat aber gesiegt und so steht er in Brüssel und hört sich die Welt der Schokolade an. Für Ketti reicht es aber nicht, nur mit diesem Produkt zu arbeiten, nein, sie möchte den Kakaohandel fairer machen. Denn das ist ein ganz eigener Markt und die Leute, die dafür schuften, bekommen nichts ab. Für Xavier, eine neue Welt und er ist interessiert mehr zu erfahren und nimmt auch die Einladung zur Besichtigung ihrer Manufaktur an. Dort nimmt er auch Pekka mit und beide lassen sich alles zeigen, sogar Bilder bekommen sie mit und Pekka spürt, das etwas nicht stimmt, aber er kommt nicht direkt darauf. Dann passiert der Mord und Xavier übereilen die Ereignisse.

Ich mag einfach nicht mehr verraten, es ist so geballt an Informationen und der Autor entführt uns nicht nur in eine Richtung, sondern wartet mit vielen Verwinkelungen auf. Zuerst steht aber die Schokolade im Vordergrund und man ist so erstaunt, dass die Hersteller gar nicht viel mit dem Produkt machen, also sie bekommen die Schokolade in Blöcken geliefert und machen „nur“ noch alles hübsch. Da hat man doch immer gedacht, sie würde aus den Bohnen selber ihre Mischung herstellen, aber nein, das machen meistens schon die Plantagen. Und so geht es weiter, wir erfahren über den Anbau, die Pflanzen und natürlich die Verarbeitung. Welche Sorten es gibt und welches Unternehmen sich mit fairem angebauten Kakao brüstet. Da hört der Autor aber nicht auf, sondern lässt dann noch Wirtschaft und Politik hineinfließen und es wird irre spannend und ein großes Spektakel. Genau das, liebe ich an dieser Reihe, der Blick hinter den Kulissen, nicht nur die Liebe zum Essen, sondern die bösen Machenschaften dahinter. Und Schokolade ist unglaublich interessant, was da alles dahinter steckt und wie blauäugig wir diese vernaschen.

Bittere Schokolade hat mit Sicherheit einen gewissen Beigeschmack, aber das habe ich immer, wenn ich einen Kieffer gelesen hatte, deshalb schmeckt sie mir immer noch. Was ich aber wieder sehr beeindruckend fand, waren die vielen kleinen Fäden, die Tom Hillenbrand anspricht, verwebt und zu einem großen Ganzen verstrickt. Diese Komplexität unterhaltsam und spannend rüber zu bringen, ist einfach das große Talent. Elegant und leichtfüßig führt er uns durch die Seiten und hält die Mischung aus Essen, Privatleben und Fall gut dosiert hoch. Es ist natürlich auch die Figur Kieffer, die einen so ans Herz gewachsen ist, das man ihn einfach gerne begleitet und immer wieder den Kopf schüttelt über seine Engstirnigkeit. Ganz tolles Kino, mit wohlfühl Charakter.

Bittere Schokolade ist ein komplexer Blick hinter die Kakaobohne, spannend, fesselnd und ein herrlich kulinarischer Genuss. Jetzt heißt es nur wieder warten, warten, warten, aber ich bin beim nächsten Abenteuer definitiv wieder mit dabei. Kieffer rockt.