Rezension

Leider nicht das Buch, das ich erwartet habe.

Ein Sommer ohne uns - Sabine Both

Ein Sommer ohne uns
von Sabine Both

Bewertet mit 2 Sternen

Tolle Idee, schlechte Umsetzung. Zu langes Vorgeplänkel, nichts auf den Punkt gebracht, unpassende Erzählweise... Ich bin enttäuscht.

Erster Satz: 
Verena schaut gegen die Sonne zur Terrassentür, legt die Hand schützend über die Augen.

Meinung:
Das Cover hat mich sofort angezogen! Ist es nicht toll? Die sanften Farben, dass das Bild den gesamten Einband umfasst, die verschiedenen Schriften... Außerdem fühlt sich der Einband auch schön an, wenn man ihn berührt. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass er wasser- und schmutzresistent ist.
Der Titel ist sehr romantisch und besonders. Ich mag ihn, auch wenn ich nicht sicher bin, ob er zur Geschichte passt. Es gibt hier nämlich ein ähnliches Problem wie beim Klappentext, auf den ich gleich noch eingehen werde.
Der Klappentext ist irreführend! Tut mir leid, ist aber die Wahrheit. Normalerweise beschreibt ein Klappentext die erste Hälfte, häufig sogar nur das erste Drittel des Buches. Hier ist es so, dass das, was im Klappentext versprochen wird, erst in der zweiten Hälfte des Romans passiert! Das bedeutet im Klartext, dass das, was man erwartet, einem zunächst nicht präsentiert wird. Der zentrale Konflikt, der im Klappentext angesprochen wird, ist zwar die ganze Zeit ein Thema der Geschichte. Nur hätte man die Vorlaufzeit nicht so ewig ausdehnen müssen, bis man endlich zum Eingemachten kommt. Die Zeit, in der das Paar die Auszeit durchführt, nimmt im Roman nur wenig Platz ein. Zu wenig, um dem Klappentext und meinen Erwartungen als Leserin gerecht zu werden.
Die Idee finde ich grundsätzlich gut und spannend. Eine offene Beziehung auf Zeit ist eine schwierige Sache. Wen würde es nicht interessieren, wie die Charaktere das Problem angehen - und ob sie es lösen können? Von daher hatte ich hohe Erwartungen an den Roman.
Die Leseprobe war ansprechend. Der Prolog spielt vor der eigentlichen Geschichte und ist ziemlich niedlich. Passend dazu gibt es am Ende auch einen Epilog, der ein Jahr nach der Hauptstory spielt.
Wie bereits beim Klappentext erwähnt, dreht sich die erste Hälfte darum, wie es überhaupt zur Auszeit der beiden kommt. Das ist etwas langweilig und dämpft die Lesefreude, da man etwas anderes und vor allem Actionreicheres erwartet hätte. Man hätte die Geschichte später starten sollen und dann nebenbei immer mal wieder einflechten sollen, wie es dazu gekommen ist. Dann hätte man nicht so viel Gelaber am Anfang gehabt.
In der zweiten Hälfte handelt insbesondere Tom so unglaublich doof, dass er mich nur aufgeregt hat. Handlung war zum Glück vorhanden, dank der Nebenhandlung sogar reichlich. Leider wurden zwischendurch Zeitsprünge gemacht, wodurch spannende Szenen verloren gegangen sind. Mich hätten sie interessiert! Ich verstehe nicht, warum man nicht den Anfang gekürzt und stattdessen das Ende erweitert hat. Das hätte viel besser zum Klappentext gepasst! Wenn die Geschichte so gedacht ist, wie sie mir vorliegt, dann hätte man einen gänzlich anderen Werbetext schreiben müssen.
Zwischendurch war der Roman leider ziemlich kitschig und stellenweise unglaubwürdig. Übrigens wurde auch auf Sexszenen nicht eingegangen, höchstens angedeutet. Und das bei einem Buch, das Sex als übergeordnetes Thema hat! Wie will man eine offene Beziehung auf Zeit angemessen darstellen, wenn der Sex außerhalb der Beziehung und auch innerhalb keine Rolle spielt? Die beiden wollen die Auszeit doch, um sich in der Richtung auszuprobieren!
Dafür gab es eine interessante Nebenhandlung, die zufälligerweise genau zur Haupthandlung passt. Den Zufall nehme ich nicht hin, aber sonst war die Umsetzung ziemlich gut. Spannend, dramatisch, gefühlvoll, soweit die Erzähler sich damit befasst haben. Das ging fast tiefer als die Haupthandlung!

"Ein Sommer ohne uns" wird abwechselnd aus Toms und Verenas Erzählperspektive erzählt. Um das zu unterstreichen, wurden verschiedene Schriftarten gewählt. Eine gute Idee! Besonders, weil es erzählerisch fast keinen Unterschied zwischen Verena und Tom gibt.
Leider passt der Schreibstil nicht zu dem Buch. Verena und Tom sind 18 Jahre alt und machen Abitur. Erzählt wird aber eher auf dem Niveau eines Buches für Fünftklässler, Das klingt ziemlich hart, aber mir kam es während des Lesens so vor. Aber müsste die Zielgruppe nicht älter sein, wenn man das Thema bedenkt? Man sollte schon zielgruppenorientiert schreiben. Sexualität spielt natürlich eine Rolle. Leider haben die ab und an mal erwähnten "Schwänze" meinen Lesefluss sehr gehemmt, weil das zu so einem Schreibstil nicht passt. Es gab natürlich auch einige schöne, zart formulierte Sätze. Leider bringen die dem Leser nichts, wenn nie tiefergehend auf Gefühle eingegangen wird und auch sonst vieles nicht angesprochen wird.

Verena verhält sich durchgehend ihrem Charakter entsprechend. Sie ist auch die erwachsenere in der Beziehung und daheim. Sie hält sich an die Regeln und könnte sympathisch sein.
Tom fand ich am Anfang ganz toll, hinterher sehr blöd. Er hält sich nicht an die Regeln und sieht auch nicht ein, warum er auch während der Auszeit Rücksicht auf Verena nehmen sollte. Seine Libido ist ihm offenbar wichtiger. Außerdem lügt er sich die ganze Zeit in die eigene Tasche.
Rollo ist Verenas Zwillingsbruder. Aus meiner Sicht ist er der Charakter, der sich am meisten entwickelt in der Geschichte.
Die Eltern des Paares sind... gewöhnungsbedürftig. Gute Eltern sehen meiner Meinung nach anders aus, aber auch die Kinder verhalten sich ihnen gegenüber ziemlich distanziert, obwohl in der Geschichte nicht erwähnt wurde, warum das so ist.
Isabelle wird ihrer Rolle gerecht. Mir war von Anfang an klar, dass sie ein Störfaktor ist.
Jesse hingegen benimmt sich fast wie ein Gentleman. Er passt leider nicht zu Verena, aber andere Mädchen könnten sich durchaus mit ihm glücklich schätzen.

Fazit: 
2* 
Leider sind mir so viele negative Aspekte aufgefallen, dass mehr einfach nicht drin ist. Klappentext irreführend, Titel auch nicht 100% passend, stellenweise übertriebene Romantik, dafür an anderer Stelle krasse Gefühlskälte... Der unpassende Schreibstil gibt dem Ganzen noch den Rest.