Rezension

Emotionaler Zugang verwehrt

Ein Sommer ohne uns - Sabine Both

Ein Sommer ohne uns
von Sabine Both

Bewertet mit 2 Sternen

"Ein Sommer ohne uns" handelt von Verena und Tom, die seit ihrem 13. Lebensjahr ein Paar sind und nun bereits ihre erste gemeinsame Wohnung mit Studium in Marburg planen. Doch die Abiturvorbereitungen und der anstehende nächste große Schritt im Leben bewegt die beiden zum Nachdenken, ob sie nicht etwas verpassen, wenn sie beziehungstechnisch nicht etwas anderes ausprobiert habe. Sie einigen sich auf eine Auszeit von der Treue, doch ist das die Lösung für ihre Beziehung auf lange Sicht?

Auszeit von der Beziehung, Trennung auf Probe, Auszeit von der Treue - einige Begriffe, die doch irgendwie alle dasselbe meinen. Ein Phänomen das zu unserer derzeitigen Zeit passt, in der Beziehungen nicht mehr von langer Dauer sind und in der viele Aspekte erotisiert werden. Ein spannendes Thema also, das meiner Meinung nach in der Literatur auch noch nicht oft behandelt wurde. Daher war ich bei "Ein Sommer ohne uns" sofort dabei. Doch das Leseerlebnis war dann eher enttäuschend.

Positiv zu erwähnen ist, dass man sowohl die männliche als auch die weibliche Sicht präsentiert bekommen (allgemeiner gesagt: beide Perspektiven in einer Beziehung, hier geht es schließlich nicht ums biologische Geschlecht). Man kann beide dabei begleiten, wie sich die Zweifel an ihrer Beziehung in ihren Köpfen festsetzt und wie sie ähnlich und doch auch sehr unterschiedlichen dementsprechend handeln.

Um aber wirklich von der Geschichte abgeholt zu werden, sind mir die Geschichte an sich und die Figuren enorm wichtig. Beides bleibt jedoch blass und emotional vollkommen belanglos. Das liegt zum einen an den Figuren. Vor allem Tom ist sehr stereotyp männlich dargestellt: immer nur auf das eine aus und nicht in der Lage sich weiblichen Reizen gegegnüber zu behaupten. Auch Verena ist so typisch Frau während der Menstruation/Wechseljahre dargestellt. Schnell mies gelaunt und gesteuert von Wünschen und Phantasien. Dennoch hat Verena mir besser gefallen, weil sie doch auch die weibliche Empfindsamkeit hatte und ich so am ehesten zu ihr eine Verbindung aufbauen konnte.

Die Geschichte bietet alleine durch das Thema (ehrlich, welche Beziehungen sind denn nicht von ungeheuren Emotionen begleitet?) sehr viel Potenzial mitzuleiden, mitzufühlen. Doch all dies geschieht nicht. Es ist sicherlich der Schreibstil. Aber nicht nur die kurzen Sätze, sondern, dass sehr viel ausgespart wird, dass der Leser sich vieles denken muss. Aber wenn man keinen Zugang zu den Figuren findet, wie soll man mit ihnen mitdenken? Ich bin relativ belanglos durch die Geschichte gegangen und war von vielen Handlungsmomenten und Charakterdarstellungen sehr enttäuscht.

Überraschenderweise kann ich mit dem Ende ganz gut leben. Es ist offen, wie so vieles in diesem Jugendbuch, aber doch entspricht es meiner Ansicht auf Beziehungen. Nur weil es gerade nicht passt, heißt es nicht, dass es auch zu keinem Zeitpunkt in der Zukunft passen kann. Man soll niemals nie sagen!

Fazit: Ein spannendes Thema, das vollkommen emotionslos dem Leser präsentiert wird. Kein Zugang zur Geschichte, kein Mitleiden mit den Figuren. Dieses Jugendbuch bietet mir einfach zu wenig, so dass ich leider keine Leseempfehlung aussprechen kann.