Rezension

Lesenswert

In der Remise -

In der Remise
von Rüdiger Marmulla

Bewertet mit 5 Sternen

„...An einem Feldrand unserer Stadt lag er – der Abenteuergarten meiner Kindheit. Er hatte einen schlichten Zaun – damit die Rehe nicht die Salatköpfe fressen...“

 

Mit diesen Zeilen beginnt die Kurzgeschichtensammlung „Der Abenteuergarten“, die aus verschiedenen Erzählungen aus dem Leben des Autors besteht. Sie entstanden in der Frankfurter Schreibwerkstatt und stecken teils voller Humor, teils voller Gefühl. Da ich sie schon als Einzelband rezensiert habe, möchte ich mich hier kurz fassen.

Die zweite Sammlung heißt „In der Remise“. Zu Beginn geht der Autor auf den Ort ein:

 

„...Das idyllische Gebäude im Frankfurter Hinterhof hat mich von jeher beim Schreiben beflügelt. Die Remise verstand ich als wunderbaren Rückzugsort...“

 

Hier erlaubt mir der Autor einen Blick in seine Kindheit. Es sind die Erinnerungen an die Großmutter, an besondere Düfte. Manchmal schwingt eine Spur Nostalgie mit. Dann folgt die Jugend mit erster Liebe und Studium. Die Geschichten sind kurz. Sie konzentrieren sich auf das Wesentliche. Es sind vor allem positive Erlebnisse, aber auch Misserfolge, díe zu Lerneffekten geführt haben. Es sind Dinge, die sein Leben geprägt haben.

 

„...Ich will dieses Bochdalek-Blumenkörbchen um jeden Preis sehen, Diana. Stell dir das doch einmal vor. Es ist nach dem Herzen die zweitpoetischste anatomische Struktur im menschlichen Körper...“

 

In „Die Anatomie des Blumenkörbchens“ freut sich ein junger Arzt, dass er das erste Mal an einer besonderen Untersuchung in der Pathologie teilnehmen darf. Es ist eine bewegende Erzählung. Auch diesen Teil habe ich schon als Einzelband rezensiert.

 

„...“Die Lufthansa fliegt zur Zeit nicht nach Israel, weil Krieg ist.“ „Aber Krieg ist nicht gut für die Menschen, Papa.“ „Nein, Jael. Das ist nicht gut. Da hast du recht.“ „Warum machen die Menschen dann Krieg?“...“

Wie beantwortet man diese Frage eines Kindes? Schwierig! Das Gespräch entstand, als Vater und Tochter auf den Flughafen auf die Ankunft von Tante Sarah gewartet haben. Das Flugzeug hat Verspätung. Deshalb erzählt der Vater der Tochter eine Geschichte, die im Jahre 1931 spielt. Sie gibt dieser Erzählung den Titel „Das Himmelsschiff auf Orientfahrt“.

Während der Fahrt mit dem Zeppelin treffen sich beim Essen ein deutscher Journalist, der Ägypter Abul, ein Jude aus der Schweiz und ein evangelischer Pastor. Natürlich kommt dabei auch die Ringparabel von Lessing zur Sprache. Doch man diskutiert auch die aktuelle politische Lage.

 

„...Nationalismus und Waffen sind dass Gebräu, aus dem Kriege erwachsen...“

 

Die Männer verabschieden sich, als sie in Deutschland den Zeppelin verlassen. Dass der nächste Weltkrieg sich schon am Horizont ankündigt, ahnen sie nicht.

Manchmal ist es ein Kind, das den rechten Gedanken in Worte fasst. Bei Jael klingt das so:

 

„...Papa, ich habe verstanden, dass das Land Palästina zwei Völkern versprochen war. Ist das Land nicht groß genug für beide Völker? Können sie das Land nicht miteinander friedlich teilen, so wie es früher einmal war?...“

 

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Zusammenstellung der Geschichten bietet Abwechslung und gibt einen Einblick in die verschiedenen Genres, die der Autor bedient.