Rezension

Megaspannend!

Seelenweh - Saskia Berwein

Seelenweh
von Saskia Berwein

Bewertet mit 5 Sternen

Kommissarin Jennifer Leitner ist noch gar nicht richtig aus ihrem Urlaub zurück, als sich über dem sonst so beschaulichen Lemanshain erneut das Unheil zusammenzieht. Die grausam verstümmelte Leiche einer 17-jährigen Ausreißerin in einer abgelegenen Hütte stellt die Ermittler vor ein Rätsel, denn niemand scheint der Tod von Isabella zu wundern, geschweige denn zu kümmern. Sie galt als kleine „Hure“, die vermutlich von einem ihrer zahlreichen Freier ermordet wurde, doch Jennifer will den Mord an der jungen Frau nicht ungestraft lassen und gräbt tiefer. Als ein Kollege vom BKA plötzlich eine brutale Fährte zu einem Großstadt-Serienkiller knüpft, schrillen im Präsidium die Alarmglocken. Kommissarin Leitner, der eine große Portion Skepsis vor dem BKA zu eigen ist, hält weiterhin die Augen offen und wird ungewollt mitten hineingezogen. Ist sie dieses Mal mit ihren gefährlichen Alleingängen zu weit gegangen?

Durch die beiden megaspannenden Vorgänger „Todeszeichen“ und „Herzenskälte“ waren die Erwartungen an den mittlerweile dritten Teil der Leitner & Grohmann Reihe natürlich riesig.

Saskia Berwein hat diese auch mit „Seelenweh“ vollkommen erfüllt, denn schon der Prolog war wieder ein Appetithappen erster Güte und tropfte (wie auch der gesamte Thriller) vor menschlichen Abgründen.

Zum Ausgleich wartete die Autorin mit einer weicheren, persönlicheren Seite der Protagonistin auf, was mir sehr gut gefiel, zeigt es doch nur, dass hinter der harten Ermittlerin auch eine Frau mit Gefühlen steht und wir noch mehr mit ihr mitfiebern können. Zudem offenbart sich uns auch ein klareres Bild davon, warum sich Jennifer noch immer krampfhaft gegen ein wenig mehr Nähe zu ihrem Kollegen, Staatsanwalt Grohmann, wehrt, was sicherlich einige weibliche Fans schier zur Leseverzweiflung bringt.

Das Objekt der kollegialen Schwärmerei wiederum hat im aktuellen Buch wenig zu lachen und kaum Zeit für Grübeleien, denn seine neue Vorgesetzte, Oberstaatsanwältin Ricarda Anstett, hält ihn ordentlich auf Trab und krempelt als Drill Instructor alte Erfolgsstrategien neu um. Sie belebt mit ihrer herrischen Art erfolgreich das Geschehen und obwohl wir Leser uns vermutlich alle wünschen, dass sie mit ihrer Hochnäsigkeit gehörig auf eben jene gepuderte Nase fällt, warten wir doch gespannt auf ihre nächsten bösen Schwingungen – speziell im Alphaweibchenzoff mit Jennifer, die sich aber glücklicherweise nicht unterbuttern lässt.

Berweins lockerer Schreibstil ist so luftig wie Luftschokolade und zergeht zwar nicht auf der Zunge, dafür aber definitiv vor dem Auge. Zum großen Finale fallen die losen Stücke dann alle zusammen zu einer perfekten Tafel. Was wie ein kranker Auswuchs der Phantasie in Form einer Kirchenbeichte begann, und das Wort „krank“ wird wohl dem ein oder anderen beim Schmökern in den Sinn kommen, endet mit Fassungslosigkeit über die vermeintliche Liebe einer Mutter, die jedoch aus Egoismus, Angst und Abgestumpftheit ein Monster erschuf.

Kurzum verlasse ich Lemanshain nach der letzten Seite wieder nur ungern für eine zwölfmonatige Wartezeit auf den Nachfolger, der erfreulicherweise schon bestätigt wurde.