Rezension

Mission accomplished

JAB -

JAB
von Un-Su Kim

Die JABs von Un-Su Kim haben mich auf die Bretter geschickt und ich kapituliere.

Jabs sind beim Boxen gezielt gesetzte Schläge, die schnell nacheinander ausgeführt den Gegner mürbe machen sollen. Es drängt sich auf, die Kurzgeschichtensammlung von Un-Su Kim mit eben dieser Metapher, die uns in der ersten, titelgebenden Geschichte erklärt wird, zu vergleichen. Bei mir zumindest waren sie sehr effektiv. Wäre es keine Leserunde gewesen, hätte ich schon in der ersten Hälfte das Handtuch geworfen. 

In 8 größtenteils deprimierenden, teils verwirrenden und immer traurigen Erzählungen macht uns der Autor mit gescheiterten Figuren in Korea (hauptsächlich Seoul) bekannt. Diese Personen sind teils gescheitert, teils desillusioniert, immer aber irgendwie zur falschen Zeit am falschen Ort. Es wird NE MENGE getrunken und geflucht, Frauen kommen (wenn sie denn vorkommen) nicht gut weg und korrupt und böse und schlecht sind auch einige der 'Helden'. 

Laut Klappentext sollen die Geschichten frei von Gesellschaftskritik sein. Das kann ich in sofern bestätigen, als der Autor keinerlei Wertung in seine Geschichten einfließen lässt. Die Leser mögen die Helden be- und verurteilen, Kim tut dies nicht. Dennoch kann man nicht umhin, mit jeder Geschichte mehr, die ein trostloses, abgestumpftes und schlichtweg negatives Männerbild zeichnet, froh zu sein, dass man nicht in der geschilderten Gesellschaft lebt. Ich für meinen Teil, weiß nicht, was einen Autor dazu bewegt, so etwas Trostloses zu schreiben. 'Man braucht das Dunkel, damit man das Licht erkennt.' (oder so) heißt es doch so schön und sicher gibt es viele viele Geschichte, in denen es düster und traurig und schlimm ist, wo es aber letztlich eine Auflösung gibt, die das Leid einordnet, rechtfertigt oder aufwiegt. Bei Kim nicht. Absolute Abwesenheit von Licht. Ein minimales Flimmen in der ersten Geschichte, die sich jedoch in ihrer geradezu 'reinen Unschuld' sehr abhebt von den restlichen Kurzgeschichten.  Sie hatte gar etwas poetisch Schönes und dass ausgerechnet sie zum Titel der gesamten Sammlung gewählt wurde, ist vor dem Hintergrund der eingangs erwähnten Metapher evtl. sinnvoll, ansonsten jedoch eher irreführend.

Jetzt muss ich relativierend einräumen, dass ich auch nicht gerne Horrorgeschichten lese und Filme mit offenem Ende hasse. Bei der Lektüre von JAB musste ich wiederholt an The Squid Game denken, eine Serie, in der es ähnlich hoffnungs- und sinnlos und stellenweise mysteriös verwirrend zuging wie in Kims Kurzgeschichten. 

Ich hätte gerne 2,5 Sterne gegeben, doch das ist bei LB ja nicht möglich. Aufrunden musste ich mir hier allerdings verbieten, denn damit täte ich vielen vergangenen Lektüren unrecht, die mich durchaus unterhalten und mir stellenweise gefallen haben, bei denen ich jedoch Aufbau und Handwerk bemängeln musste. Handwerklich kann ich Kim nichts vorwerfen, aber es gefiel mir schlicht gar nicht.