Rezension

Momentaufnahmen zweier Leben

Die hundert Jahre von Lenni und Margot -

Die hundert Jahre von Lenni und Margot
von Marianne Cronin

Bewertet mit 3.5 Sternen

Lenni ist 17 Jahre und liegt in einem Glasgower Krankenhaus in der Abteilung für Patienten mit lebensverkürzenden Krankheiten. Die Tage ziehen sich unendlich langsam dahin, bis Lenni auf die 83-jährige Margot trifft, mit der sie sich sofort gut versteht, und sie gemeinsam beschließen im krankenhauseigenen Kunstkurs ihre gemeinsamen hundert Lebensjahre als Momentaufnahmen in hundert Bildern festzuhalten, so dass etwas Dauerhaftes von ihnen zurückbleibt, wenn sie gehen.

Das bunt-fröhliche Cover, der Klappentext und auch die Kommentare auf dem Buch haben mich sehr stark angesprochen. Im Nachhinein könnte ich mir vorstellen, dass die farbigen Punkte natürlich für das Malen stehen, aber auch für die Lebenspunkte, die die beiden Frauen bildlich festhalten wollen, auch wenn die oft weniger fröhlich sind, als die Farben hier vermuten lassen.

Zunächst lernt man Lenni kennen, die an einer lebensverkürzenden Krankheit leidet und vermutlich sterben wird. Ihr Krankenhausalltag ist unendlich langweilig und die Stunden ziehen sich dahin, was ich, von der Autorin beabsichtigt oder nicht, leider beim Lesen auch so empfunden habe. Etliche Gespräche mit dem Krankenhauspfarrer später begegnet Lenni endlich Margot und die eigentliche Erzählung beginnt. Mit Lenni bin ich hier noch nicht so richtig warm geworden. Klar ist sie krank, doch gefiel mir nicht, wie sie sich manchmal sehr taktlos immer als wichtigste Person gibt. Das passte für mich nicht so gut.

In Verbindung mit Margot wird das aber etwas besser: Die Teile der Geschichte, in denen Lenni und Margot zusammen agieren sind recht kurz, was es wieder schwer gemacht hat zu Lenni eine Verbindung aufzubauen. Den Hauptanteil nehmen Margots Erzählungen über ihr Leben ein, welche interessant sind und mich sehr zum Nachdenken über das eigene Dasein angeregt haben. Vor allem die Frage, in wie weit wir unsere Lebenslinien selbst zeichnen können, beschäftigte mich immer wieder, denn ich hatte das Gefühl, dass das Leben über Margot bestimmt und nicht sie über ihr Leben. Und da lag für mich auch ein bisschen die Verbindung zu Lennis Krankheit.

Die Geschichte war verständlich aufgebaut und der Schreibstil war sehr eingängig durch kurze Kapitel und eine wenig komplizierte Sprachwahl. Obwohl es viele Zeitsprünge gibt, hatte ich keine Probleme, dem Lebensgeschichten der beiden Frauen zu folgen. Einige Handlungsstränge wurden für mich allerdings zwar angesprochen, dann aber nicht mehr konsequent weiterverfolgt, so dass sie eigentlich gar nicht notwendig gewesen wären. Das Ende ist berührend, allerdings hätte ich mir gewünscht, ich hätte vorher eine engere Verbindung zu den Protagonistinnen aufbauen können. Stellenweise waren für mich manche Entscheidungen, die die Autorin für ihre Protagonistinnen gefällt hat, nicht schlüssig, so dass mir das Lesen einiger Kapitel schwerer gefallen ist als das anderer.

Insgesamt hatte ich mir von der Geschichte etwas mehr Emotionen, vielleicht auch mehr gemeinsame fröhliche Momente erwartet. Die Beziehung zwischen Lenni und Margot blieb mir zu blass.

3,5 Sterne