Rezension

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Neandertaler retten Deutschland - schöner Ansatz, schlechte Ausführung

Neanderthal - Jens Lubbadeh

Neanderthal
von Jens Lubbadeh

Bewertet mit 2 Sternen

Wie unsere Verwandtschaft mit den Neandertalern "aufflog", habe ich in Svante Pääbos "Die Neandertaler und wir" schon sehr interessiert verfolgt. Wie aber aus diesem Thema ein spannender Thriller werden würde, erwartete ich mit diesem Buch zu erleben. "Die Jagd" wird, wie nicht anders zu erwarten, im Neandertal bei Düsseldorf eröffnet. In unmittelbarer Nähe liegt ein zerschmetteter Toter, der offensichtlich von der hochgelegenen Brücke stürzte. Doch etwas stimmt nicht mit der Leiche. Sie sieht so andersartig aus und das dürfte in den 50er Jahren des 21. Jahrhunderts in Deutschland nicht mehr sein. Das Ministerium für Gesundheit und Glück hat fast sämtliche Erbkrankheiten eleminiert und Behinderungen gelten als Belastung für die Allgemeinheit. Außerdem trägt der Tote einen Zettel mit den Koordinaten des "Tals" bei sich.
Die Kriminalpolizei steht vor einem Rätsel, das Genmaterial des Dahingeschiedenen wird untersucht. Die Anthroplogen Max Stiller und Sarah Weiss, beide Experten für Neandertaler, werden hinzugezogen.
Tja, und hier beginnt der Schlamassel. Der Tote ist ein Mischling aus Homo Sapiens und Homo Neanderthalensis und am Ort, den er offensichtlich aufsuchen wollte, sind Knochen von waschechten Urmenschen vergraben, die aber keine 30 Jahre alt sind. Das Ministerium schaltet sich ein, verhängt Seuchenalarm, damit es alle Beteiligten dieser Entdeckung unauffällig in Gewahrsam nehmen kann. Weiss und Stiller können fliehen, kommen in einer Art "Jurassic Park" in Bulgarien unter, lernen eine Klinik kennen, in der man Tote wieder zum Leben erweckt und werden schließlich in die USA ausgeflogen, wo sie in einer Amish Gemeinde Sarahs wahren Vater, einer der überlebenden Neuzeit-Neandertaler, wiederfinden.
Jaja, Sarah hat sich schon immer "so anders" gefühlt und ihre Mutter war eine Koryphäe auf dem Gebiet der Genforschung!!! Sie ist bei Sarahs Geburt aber gestorben. Und der Herr Stiller hat sich seinen Namen zum Programm gemacht, er ist taub (ein "Monster" im gengesäuberten Deutschland) und Eva-Marie Mercure, kampferprobt und Liebhaberin der Gesundheitsministerin, ist beiden direkt auf den Fersen. Gott sei Dank bekommt sie Unterstützung von sehr menschlich aussehenden Robots, superschnell, supersexy und super effizient.
Ich sage dazu nur, "vermischter Murks"!
Hier werden verschiedene Themen in einen Topf geworfen, völlig wahllos in den Raum geschmissen und die Dramatik unnötig ins Absurde gesteigert. Mercure ist abgrundtief böse, bis sie am Ende vom Saulus zum Paulus wird. Die Gesundheitsministerin ist willenloses Sexopfer, spielt aber dann doch die Mächtige, die erst der Frau mit der Spritze mit Sterilisation droht, dann aber ungeschützt an ihrem Sohn herumdoktern lässt. Russische Touristen benehmen sich "daneben" und erschießen mal eben Babymammuts und ihre Mütter, bekommen aber nur Hausverbot. Sarahs Mutter, die erst Neanderthaler erschafft, sie dann nicht dem roten Rechenstift zum Opfer fallen lassen will, und den einzigen Ausweg im Quickie mit einem ihrer Versuchsobjekte sieht, hat sogar die Chuzpe, das Jesus-Gen (welches mal eben nebenbei Deutschland von einer Großen Depression heilt) als QR-Code in Sarahs Genmaterial zu verstecken. Und zu guter Letzt ist auch noch ein Ohrclip, mit dem man eigentlich nur ein auffälliges Neander-Detail vertuschen wollte, Schlüssel für eine totale Gesinnungsänderung!
Das war zuviel für mich! Ich wollte nur einen wiedererstandenen Ur-Menschen haben, stattdessen habe ich KIs, Dinos, Klone, russische Raudis, skruppellose Bulgaren und tolle Sexszenen bekommen... näh, nicht wirklich, aber schon sehr auffällig, überhaupt sehr auffällige Frauenbilder und das von einem Mann.
Schade nur, dass Pääbo mit reingezogen wurde, und zwar als einziger glaubwürdiger Angelpunkt.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 04. Oktober 2019 um 17:08

Hahaha, Ems, das war ein Griff ins Klo!